Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Rebecca Pittkowski (@RPittkowski)! Rebecca ist Postdoktorandin und arbeitet am Chemischen Institut der Universität Kopenhagen, im Exzellenzcenter „Katalyse von Hochentropielegierungen“. Nach ihrem Chemiestudium an der TU Dresden, zog es Rebecca die Elbe hoch nach Tschechien. Dort schloss Rebecca ihre Promotion im Dezember 2020 am J. Heyrovský Institut in Prag ab, wo sie an der Entwicklung und Prüfung neuartiger sauerstoffentwickelnder Elektrokatalysatoren arbeitete. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie für sechs Monate an der Universität Bern, bevor sie nach Kopenhagen zog. Hier arbeitet sie an der Synthese von Elektrokatalysatoren aus Nanopartikeln hochentropischer Legierungen und deren struktureller Charakterisierung durch Röntgenstreuung und Röntgenabsorptionsmethoden. Rebecca wendet diese Techniken auch in operando-Studien an, die es ihr ermöglichen, strukturelle Veränderungen von Nanopartikeln während der Elektrokatalyse zu verfolgen.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Nach dem Abi habe ich mich, recht zufällig, für ein
Chemiestudium in Dresden entschieden. Dort bin ich dann die 5 Jahre für meinen
Bachelor und Master in der Chemie geblieben. Nach dem Master bin ich nach Prag
nach Tschechien gezogen, um dort meine Doktorarbeit im Bereich der
Elektrokatalyse anzufertigen. Das war im Rahmen eines EU-geförderten
europäischen Forschungsnetzwerkes, mit 7 verschiedenen Partnern aus
Universitäten und Industrie, die in der ganzen EU verteilt waren. Das war eine
tolle Möglichkeit in engem Austausch mit Doktoranden aus aller Welt erste
Erfahrungen in der internationalen Wissenschaft zu machen. Die Doktorarbeit hat
mir großen Spaß gemacht und so habe ich mich recht schnell für einen Postdoc
entschieden. Direkt nach der Doktorarbeit habe ich hier in Kopenhagen
angefangen. Da die Stelle auch wieder Teil einer internationalen Kollaboration
ist, war ich zunächst erstmal 6 Monate in Bern in der Schweiz, bevor ich dann
nach Dänemark gezogen bin.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält
dich dort?
Energieversorgung der Zukunft hat mich schon in der Schule als Thema fasziniert. Wir haben im Physikunterricht in der 10. Klasse das Thema Brennstoffzellenautos behandelt und die Möglichkeit ein Auto quasi mit Wasser zu betreiben hat einen großen Eindruck bei mir hinterlassen. Für das Chemiestudium habe ich mich dann jedoch weniger mit dem Hintergrund „Energie“ entschieden, sondern viel mehr aus dem Interesse heraus zu verstehen, wie die Welt aufgebaut ist - aus Atomen unterschiedlicher Elemente und deren Wechselwirkungen miteinander.
Nun bin Chemikerin und arbeite an neuen Materialien, die als
Katalysatoren verwendet werden können, z.B. in Brennstoffzellen. Die
Entwicklung neuer Materialien ist essentiell für Fortschritt, das sieht man zum
Beispiel gut an Lithium-Ionen-Akkus. Durch meine Forschung an neuen
Katalysatormaterialien können in Zukunft hoffentlich Brennstoffzellen effizienter,
stabiler oder kostengünstiger werden. Das Forschen im Bereich des Speicherns
von Erneuerbaren Energien und Wasserstoff ist für mich eine wichtige
Motivation. Ich arbeite jedoch in einem sehr Grundlagen-orientiertem Feld, weil
ich es wahnsinnig faszinierend finde zu verstehen, wie die Struktur von
Materialien auf atomarer Ebene mit den Eigenschaften des Materials
zusammenhängt.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich bin
Wissenschaftlerin an der Uni Kopenhagen. Ich arbeite am chemischen Institut in
einem Forschungszentrum für „Katalyse von Hochentropielegierungen“. Dort
erforsche ich die Synthese neuer Materialien, ihre Struktur und Eigenschaften.
Wir stellen sehr kleine Nanopartikel her, die eine große Oberfläche haben an
denen Reaktionen stattfinden können. Da diese Partikel so winzig klein sind,
ist es schwierig ihre Struktur mit herkömmlichen Methoden zu verstehen. Wir
nutzen deshalb sehr hochenergetische Röntgenstrahlen von Forschungsgroßgeräten,
um die Struktur der Partikel aufzuklären. Für mich ist es wichtig die atomare
Struktur der hergestellten Materialien zu kennen, um diese mit den
Materialeigenschaften in Verbindung zu bringen. Nur so können wir verstehen,
warum manche Partikel besser funktionieren als andere. Wo drin funktionieren?
Wir nutzen unsere Partikel als Katalysatoren z.B. für Reaktionen, die in
Brennstoffzellen stattfinden. Die Katalysatoren bewirken, dass die Reaktionen
in der Brennstoffzelle ablaufen und dabei möglichst viel Energie frei wird, um
z.B. ein Auto anzutreiben. Die Brennstoffzellen sollen dabei natürlich
möglichst effektiv sein, günstig und stabil sein. Mich interessiert besonders,
wie die Struktur des Katalysatormaterials dessen Performance beeinflusst um zu verstehen,
welche strukturellen Veränderungen z.B. zu einer Abnahme der Aktivität führen.
Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit
interessieren?
Chemie spielt eine essentielle Rolle in allen Bereichen des Lebens: Plastik, Dünger, Medizin, Keramiken, Gläser, Metalle. Woraus bestehen alle diese Werkstoffe und wie werden sie produziert? Welche Bedeutung Materialentwicklung in der Menschheitsgeschichte gespielt hat, ist eigentlich offensichtlich, wenn zum Beispiel die Rede von der Bronzezeit ist. Bronzen sind Mischungen (Legierungen) der Elemente Kupfer und Zinn.
Die chemischen Prozesse in der Gewinnung von Aluminium sind z.B. wichtig, um zu verstehen warum dies sehr viel Energie benötigt, und warum Aluminium viel besser recycelt werden kann als neu gewonnen. Ein grundlegendes chemisches Verständnis ist zum Beispiel auch wichtig, um zu verstehen, warum in der Beton-Herstellung automatisch CO2 frei wird, auch wenn keine fossilen Brennstoffe als Energiequellen in dem Prozess verwendet werden.
Ich forsche im Bereich Katalyse. Mit Hilfe eines
Katalysators werden chemische Reaktionen in Gang gebracht und effizienter
gemacht. Die Bedeutung von Katalyse ist von erheblicher Bedeutung, z.B. werden
mehr als 80% aller chemischen Produkte in katalytischen Prozessen hergestellt.
Katalysatoren sind nötig, um die Abgase von Autos zu reinigen, um Dünger und
Biodiesel herzustellen. Elektrokatalyse beschäftigt sich mit Reaktionen, die
durch Strom angetrieben werden. So kann zum Beispiel Wasser in seine
Bestandteile – Wasserstoff und Sauerstoff –zerlegt werden. Damit wird quasi der
Strom in der chemischen Bindung gespeichert. Der Strom kann wieder freigesetzt
werden, wenn Wasserstoff und Sauerstoff miteinander reagieren. Wenn Strom aus
Windkraft oder Solaranlagen genutzt werden, um das Wasser zu spalten, dann
spricht man auch von „grünem“ Wasserstoff. Diese kann in Zukunft eine wichtige
Rolle als Energieträger spielen, da kein CO2 frei wird bei der
Umsetzung, sondern nur Wasser.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ein spannender Teil unserer Forschung ist, dass wir sehr häufig zu
Forschungsgroßgeräten reisen, z.B. nach Hamburg, nach Schweden, oder
Frankreich. Sogenannte Elektronensynchrotrons sind, ähnlich wie das CERN,
große, runde Teilchenbeschleuniger. Elektronen rasen durch den Ring wobei
extrem energetische Röntgenstrahlen frei werden. Diese Strahlen sind Milliarden
mal heller als herkömmlichen Röntgenquellen, z.B. in Krankenhäusern. Wir können
diese Röntgenstrahlen nutzen, um die atomare Struktur von unseren Materialien
anzuschauen. Da Messzeit an diesen Synchrotron-Anlagen begrenzt und teuer ist,
nutzen wir jede Minute der Zeit die wir haben. Das bedeutet arbeiten am
Wochenende und in der Nacht, 24h am Tag werden genutzt. Frei nach dem Motto:
Forschung schläft nie. Mit viel Kaffee, Cola und Schokolade sind diese Reisen
immer etwas Besonderes und ein gutes Team Building mit Kollegen.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Mit der Pandemie sind bei mir viele Hobbies eingebrochen, davor habe ich
z.B. Flamenco getanzt. Hier in Dänemark habe ich mich zunächst aufs Dänisch
lernen konzentriert. Jetzt wird es aber bald wieder Zeit für einen regelmäßigen
Sport- oder Tanzkurs.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Hier in Dänemark: Mit dem Fahrrad raus aus Kopenhagen fahren, zu einem
der Museen für Moderne Kunst in der Umgebung und das Ganze mit einem langen
Strandspaziergang verbinden. Der perfekte Tag endet dann mit einem Abendessen
mit Freunden in Kopenhagen. Wenn ich ein langes, freies Wochenende hab, dann
ist natürlich ein Besuch in Deutschland bei Familie oder Freunden ideal.
Bitte begrüßt Rebecca ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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