Sunday, July 23, 2023

Von der Forschung in den Wissenschaftsjournalismus - Sigrid März ist jetzt bei Real Scientists!

Diese Woche freuen wir uns auf unsere neue Kuratorin Sigrid März (@SigridMaerz)! Sigrid ist freiberufliche Wissenschaftsjournalistin und Zellbiologin. Vor ihrem Wechsel in den Journalismus studierte sie Zellbiologie an der Universität Osnabrück und promovierte mit dem Schwerpunkt Zellbiologie und Immunologie am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster. Bis 2019 arbeitete sie als Post-Doktorandin und begann nebenbei ihre Tätigkeit als Journalistin. Seit 2023 ist sie leitende Redakteurin bei MedWatch. 




Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? Das war eigentlich Formsache: Aufgewachsen im Dreck, umgeben von Würmern und Kaulquappen, faszinierte mich schon als Kind, wie Lebewesen funktionieren, was sie sind und wie sie miteinander interagieren. In der Schule hatte ich durchweg engagierte Lehrer:innen, die meine Neugierde und Freude an der Biologie förderten. Ein Privileg, wie ich heute weiß, für das ich dankbar bin. Nach der Schule folgten ein Freiwilliges Ökologisches Jahr, die Ausbildung zur Biologisch-Technischen Assistentin und schließlich Studium (Abschlüsse in Molekulargenetik und Biophysik) und Promotion. Konsistent, würde ich sagen. Alles in allem habe ich dann rund 20 Jahre in der Grundlagenforschung verbracht – eine gute Entscheidung, denn die Naturwissenschaft ist mein absoluter Traumjob. Thematisch ging es eigentlich immer um kleinste biologische Systeme: rotierende Enzyme, Transporter, Adhäsionsmoleküle. Tatort: Blutgefäße. Auf Schlau zusammengefasst: Als Zellbiologin habe ich in der vaskulären Biologie gearbeitet.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Naja, das Damoklesschwert des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes schwebte wie über vielen Postdoc-Köpfen auch über meinem Haupt. Da ich lieber selbst Entscheidungen treffe als über mich entscheiden zu lassen, habe ich mich irgendwann darauf vorbereitet, die universitäre Forschung zu verlassen. Kurz nachgedacht, was die Alternativen sind: Industrie, Behörden, Lehre. Da war nicht das richtige dabei. Also weiter nachgedacht und mich daran erinnert, dass ich doch auch ganz passabel schreiben kann. So kam‘s zum Wechsel in den Wissenschaftsjournalismus. Besonders famos ist, dass dieser Beruf ja immer noch nen beachtlichen Teil an Wissenschaft beinhaltet. Traumhaft.


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Als freie Journalistin verpacke ich komplizierte wissenschaftliche Themen in einfache(re) Worte und – was fast noch wichtiger ist – ordne ein. Was heißt das? Mein Forscherinnen-Wissen ist ja nach dem Wechsel in den Journalismus nicht einfach weg. Das erleichtert mir beispielsweise, schnell und effizient Studien zu durchleuchten: Kann das wirklich so sein? Ist das plausibel? Hat diese Studie Schwachstellen, die die postulierte Aussage abschwächen?

Damit verdiene ich mein Geld und schreibe zum Beispiel für Spektrum, Quarks und Laborjournal. Beim Online-Magazin MedWatch bin ich nicht nur als Autorin aktiv und entlarve obskure Heilsversprechen im Netz, sondern redigiere auch. Und dann gibt es noch die RiffReporter, eine journalistische Genossenschaft für gründlich recherchierten und unabhängigen Journalismus. Auch dort findet man mich, vor allem mit Themen rund um Insekten.

Die journalistische Arbeit ist aber nur ein Teil des spannenden Gesamtkonstrukts Wissenschaftsjournalismus. Mehr verrate ich aber an dieser Stelle nicht. Lest gefällig die Tweets der aktuellen Woche.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Arbeit interessieren?

Zuletzt während der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig unabhängiger, kritischer und guter Journalismus ist, auch und vor allem in der Wissenschaft. Unsere Aufgabe ist es unter anderem, zwischen Wissenschaftler:innen und der Öffentlichkeit zu vermitteln, komplexe Dinge so zu erklären, dass wirklich jeder sie verstehen kann – der es will.

Gleichzeitig sparen Verlage und Medienhäuser immer mehr, stutzen Wissenschaftsredaktionen auf ein bedenkliches Maß zusammen und bezahlen freie Mitarbeiter:innen teils unterirdisch.

Die Frage, die wir uns als Gesellschaft deshalb stellen müssen ist: Sind wir bereit, für guten Wissenschaftsjournalismus zu zahlen? Und falls ja, wie?


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Schon bevor ich mich selbstständig gemacht habe, bin ich dem Verband freier Journalist:innen „Freischreiber“ beigetreten und habe mich die vergangenen drei Jahre dort im Vorstand für die Belange der Freien engagiert. Außerdem gehe ich für „Lie Detectors“ in Schulen und erkläre Schüler:innen, was Falschmeldungen sind und wie sie sie entlarven können.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Nun müsste die Frage #11 vor dieser hier stehen, dann wär‘s klarer: Ich fotografiere gern, vor allem Insekten, Spinnen, Echsen …, kurz: alles was deutlich kleiner ist als ich.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende und Journalistinnen sind ja auch nur Menschen)?

Sonnig, um 22 °C, trocken. Links Nordsee, rechts karge Heidelandschaft mit viel Sand und ein paar Blümchen. Kaffee im Thermobecher, Blubberwasser im Rucksack, Kamera mit Makroobjektiv in der Hand (und natürlich: Ersatzakku in der Tasche!). Setzt mich morgens aus und sammelt mich abends wieder ein. Oder am nächsten Tag. Auch okay.


Bitte begrüßt Sigrid ganz herzlich bei Real Scientists DE!


No comments:

Post a Comment