Sunday, September 29, 2024

Wie man gute KI-gestützte Systeme für die Bildung baut und was das mit menschlicher Autonomie zu tun hat! Benjamin Paaßen ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unseren Kurator Benjamin Paaßen (@bpaassen.bsky.social)! Benjamin hat an der Universität Bielefeld Kognitive Informatik und Intelligente Systeme studiert und hat dort auch 2019 zu "Metric Learning for Structured Data" promoviert. Als Postdoc war Benjamin 2020 in Sydney, Australien, 2021 an der Humboldt-Universität zu Berlin und 2021-2023 im Educational Technology Lab des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz (DFKI) in Berlin. Seit April 2023 ist Benjamin zurück in Bielefeld, jetzt als Juniorprofessor für Wissensrepräsentation und Maschinelles Lernen. Das Hauptthema der Forschung ist, wie man gute KI-gestützte Systeme für die Bildung baut.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Für die Wissenschaft interessiert habe ich mich schon früh in der Schule. Dass es wirklich geklappt hat, hat viel mit Gelegenheiten zu tun, die ich glücklicherweise hatte. Dass ich mit einem Stipendium
studieren durfte, zum Beispiel oder dass ich schon früh als Hilfskraft eingestellt wurde auf einem Forschungsprojekt, auf dem ich dann später auch promovieren konnte; dass meine Betreuerin, Barbara Hammer, mich hervorragend beraten und gefördert hat; dass ich dann als Postdoc wieder
ein Stipendium bekommen habe, um nach Australien zu reisen; dass mein Betreuer in Berlin eine Stelle am DFKI für mich hatte und dass mir schließlich die Uni Bielefeld ein gutes Angebot für eine Juniorprofessur gemacht hat.
Viele andere Versuche, in die Wissenschaft zu kommen und dort zu bleiben haben auch nicht geklappt. Ich wollte zum Beispiel im Postdoc erst nach Kanada und habe mich auf einige Professuren beworben, bei denen ich dann nicht gelandet bin. Talent oder harte Arbeit allein jedenfalls waren's sicher nicht. Viel hat es mit Glück zu tun - bzw. es so oft zu versuchen, dass man irgendwann mal Glück hat. 

 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

In der 11. Klasse wollte ich eigentlich noch Mathematik und Philosophie studieren, aber dann durfte ich als Schülerstudent einen Kurs "Informatik für Mathematiker*innen" besuchen und habe mich dann begonnen, für die Informatik zu begeistern. In der Folge dachte ich, ich will mal intelligente Prothesen bauen oder sogar eine ganze künstliche Intelligenz und habe im Studiengangkatalog der Arbeitsagentur nach passenden Studiengängen gesucht. "Kognitive Informatik" klang super. War es dann glücklicherweise auch. Wegen meines Promotionsprojekts bin ich dann aber tatsächlich bei den Bildungstechnologien gelandet und die haben es mir dann besonders angetan. Denn in den nächsten Jahren müssen wir ja allein in Deutschland Millionen Menschen aus- und weiterbilden und menschliche Lehrkräfte allein werden das nicht leisten können - zumindest nicht individualisiert auf die diversen Lernenden angepasst.


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Jetzt gerade bereitet unsere Arbeitsgruppe das nächste Semester vor. Dafür basteln wir an einem Tutoring-System, das unsere Studierenden beim Programmieren-Lernen unterstützen soll. Im Prinzip ist das eine Website, in der Übungsaufgaben erledigt werden. Aber welche Übungsaufgaben angezeigt werden und welche unterstützenden Hinweise man angezeigt bekommt - das wird vom System automatisch an die einzelnen Personen und ihre aktuelle Situation angepasst. Wie das genauer funktioniert kann man dann auf dem Kanal lesen :)
Vielen Dank auf jeden Fall an meine Promovierenden, Alina und Jesper, die gerade sehr hart daran arbeiten, dass die nächste Version bis zum Semesterstart fertig wird. 


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Zwei Gründe: Zum einen, weil es das gesellschaftliche Ziel gibt, "gute Bildung für alle" (UN-Nachhaltigkeitsziel 4) zu ermöglichen. Aber um das zu schaffen in einer sich schnell ändernden Welt mit immer mehr Lernbedarf aber wahrscheinlich eher weniger als mehr Lehrkräften für die einzelnen Themen - dafür brauch es wahrscheinlich technische Unterstützung. Und unsere AG arbeitet an dieser technischen Unterstützung.
Zum anderen, weil wahrscheinlich auch viele schon gemerkt haben, dass "technische Unterstützung für die Bildung" nicht damit getan ist, allen ein Tablet, Internet-Anschluss und einen ChatGPT-Zugang zu geben. Das ist zwar schön, aber damit allein lernt man noch nicht (jedenfalls nicht besser als bisher). Und wir forschen daran, wie es anders geht; wie man Systeme von Grund auf so bauen kann, dass sie pädagogische und didaktische Theorien und Strategien mitberücksichtigen und Lernenden
nachweislich etwas beibringen.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Mit @christianeattig.bsky.social zusammen hoste ich den Podcast "Autonomie & Algorithmen" (https://autonomie-algorithmen.letscast.fm/), in dem wir in jeder Folge mit Expert*innen ein Anwendungsfeld von KI-Methoden vorstellen und was das mit menschlicher Autonomie zu tun hat. Außerdem haben @amreibahr.bsky.social, @maximilianiras.bsky.social und ich gemeinsam ehrenamtlich das Netzwerk KI und digitale Autonomie in Wissenschaft und Bildung gegründet, um für eine Einbindung von KI-Methoden zu werben, die menschliche Autonomie fördert statt gefährdet. Es geht mir also grad viel darum, dass Menschen nicht von KI-gestützten Systemen überwältigt werden, sondern sie als Werkzeug sinnvoll benutzen können.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Vor allem Pen & Paper-Rollenspiele und Computerspiele. In den frühen 2000ern, als ich zur Schule ging, waren das noch identitätsstiftende Nerd-Hobbies, inzwischen ist beides ja erfreulicherweise sehr verbreitet. Und wo ich das gerade schreibe: Ein Hobby war es 2015-2017 auch, neben meiner Promotion her zu erforschen, wie es eigentlich kommt, dass Videospielkultur so männlich dominiert scheint, obwohl eigentlich inzwischen fast alle Menschen in irgendeiner Form Videospiele spielen (und sei es auf dem Handy) - aber auch dazu dann mehr auf dem Kanal.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Super ist schon mal, wenn ich tatsächlich mal wirklich gar nichts arbeiten muss, auch nicht noch mal eben ein Gutachten nebenher oder eine Präsentation, die spontan noch vorbereitet werden muss. Ansonsten bin ich sehr genügsam: Spät aufstehen, ein bisschen spazieren gehen, lecker essen, mit Freund*innen oder allein ein Computerspiel oder Pen&Paper spielen. Möglichst wenig Adrenalin jedenfalls.


Bitte begrüßt Benjamin ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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