Sunday, February 23, 2025

Medizinethik – Über Fragen des guten und richtigen Handelns im Bereich des Gesundheitswesens! Joschka Haltaufderheide ist jetzt bei Real Scientists DE!

Joschka Haltaufderheide und Roboter

Diese Woche freuen wir uns auf unseren Kurator Joschka Haltaufderheide (@joschkahalt.bsky.social)! Joschka ist Philosoph und Medizinethiker und arbeitet seit 2022 an der Juniorprofessur für Medizinethik mit Schwerpunkt auf Digitalisierung an der Universität Potsdam. Davor hat er an der Ruhr-Universität Bochum gearbeitet, wo er 2015 auch promoviert hat. Er forscht zu ethischen Fragen von digitalen Gesundheitstechnologien zum Beispiel zum Einsatz von Large Language Modellen in der Medizin und sozialen Robotern in der Altenpflege.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Zu Beginn meines Studiums hatte ich allenfalls eine sehr vage Vorstellung davon, was Wissenschaft ist. Aber das Denken in Begriffen und Konzepten hat mich fasziniert. Also habe ich Philosophie und Literaturwissenschaften studiert. Während meines Studiums hatte ich dann das große Glück, auf leidenschaftliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu treffen, die mich ermutigt haben, diesen Weg zu versuchen. Ich war mir erst nicht sicher, ob ich das kann und will – ich habe es einfach ausprobiert und habe seitdem den besten Beruf der Welt.

 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Ich arbeite in der Medizinethik. Das ist die wissenschaftliche Reflexion von Fragen des guten und richtigen Handelns im Bereich des Gesundheitswesens. Ich forsche zum Beispiel zur Nutzung von künstlicher Intelligenz in der Medizin und dem Einsatz von sozialen Robotern in der Altenpflege. Die Medizinethik ist etwas ganz Besonderes. Man kann sich mit ihr als Wissenschaftler wunderbar zwischen alle Stühle setzen. Medizinethikerinnen und Medizinethiker arbeiten geisteswissenschaftlich, sind aber oft an medizinischen oder gesundheitswissenschaftlichen Fakultäten angestellt, wo sie zum Beispiel die Ethiklehre für das Medizinstudium übernehmen. Medizinethik ist eine angewandte Ethik, also praktische Philosophie, aber sie verwendet auch empirische Methoden, zum Beispiel aus der Sozialwissenschaft. Ihr Ziel ist es, Theorie und konkrete Praxis zusammenzubringen und am Ende des Tages sagen zu können, was richtig und gut ist. Ich mag das interdisziplinäre und anwendungsnahe Arbeiten mit einer Kombination von Expertisen und Methoden, die man kaum in einem anderen Bereich so findet.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

In meiner Arbeit geht es um die ethischen Auswirkungen des Einsatzes von digitalen Gesundheitstechnologien. Was bedeutet es, wenn eine künstliche Intelligenz an der Diagnose beteiligt ist? Können und dürfen Roboter menschliche Pflege ersetzen? Sollten wir generative künstliche Intelligenz in der Psychotherapie einsetzen? Bei diesen Fragen geht es ganz oft darum, was wir mit solchen Technologien machen: Was sind die Folgen, Auswirkungen und Risiken. In meiner Forschung drehe ich das Bild um. Ich frage zuerst, was macht die Technologie mit uns? Wie verändert sich unsere Wahrnehmung und unsere Art zu handeln mit Technologie? Und ist das gut?

Dieser andere Blick ist spannend, weil er offenlegt, dass die Technologien, die uns im Gesundheitsbereich mittlerweile überall umgeben, eben keine einfachen neutralen Werkzeuge sind, die man nur gut oder schlecht benutzen kann. Sie sind selbst „wertbeladen“ und können unser Handeln in bestimmte Richtungen beeinflussen. Das zu verstehen, darüber zu reflektieren und damit umgehen zu können ist sehr wichtig.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens schreitet rasant voran. Neue Gesundheitstechnologien bieten viele Potenziale aber auch große Risiken. Ein verantwortlicher Umgang mit solchen Technologien setzt Wissen darüber voraus, was ethisch angemessen ist. Diese Fragen betreffen individuell jeden, der schon einmal ein Arzt besucht hat und unsere Gesellschaft als Ganzes, die sich demokratisch darüber verständigen muss, was für eine Gesundheitsversorgung wir in Zukunft wollen.  

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Medizinethikerinnen und Medizinethiker arbeiten nicht nur in der akademischen Forschung, sondern oft auch im Rahmen der konkreten ethischen Beratung – sei es in der medizinischen Forschung oder in der Krankenversorgung. Ich bin im Moment unter anderem in der forschungsethischen Beratung eines Projektes der European Research Commission tätig und gründe gerade mit Kolleginnen und Kollegen eine außerklinische Ethikberatung für Brandenburg.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich fürchte ich bin ein Nerd. Neben einer ausgeprägten Leseleidenschaft verliere ich mich leidenschaftlich gern in mitunter ziemlich spleenigen Technikprojekten. Von einer KI, die nachts die Füchse in meinem Garten auseinanderhält bis hin zu allen möglichen kleinen Gadgets und Helferlein. Gibt es nicht? Dann bau ich‘s halt! Geht oft genug schief, ist aber immer kurzweilig.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Mein idealer Tag beginnt mit einem späten Frühstück, danach gehe ich ein kleines bisschen Sport machen und widme mich dann irgendeinem verschrobenen kleinen Bastelprojekt oder verbringe Zeit mit meiner Familie. Nachmittags kommen vielleicht meine Geschwister zum Kaffeetrinken vorbei und abends treffe ich mich mit ein paar Freunden und wir spielen was zusammen. Irgendwann, wenn es ruhig wird, krabbel ich noch ein bisschen in meinen Lieblingssessel und lese ein paar Seiten bevor ich einschlafe.

Bitte begrüßt Joschka ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, February 16, 2025

Was fördert und hemmt Vertrauen in Wissenschaft? Marlene Altenmüller ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Marlene Altenmüller (@marlephie.bsky.social)! Marlene ist Sozialpsychologin und leitet seit Oktober 2024 als Juniorprofessorin das Science Reception Lab am Leibniz-Institut für Psychologie in Trier. Davor war sie sechs Jahre lang Mitarbeiterin in der Sozialpsychologie an der LMU München, wo sie 2022 auch zu Vertrauen in Wissenschaft promovierte. Sie hat in Marburg Psychologie (B.Sc. & M.Sc.) und Kunstgeschichte mit Geographie (B.A.) studiert. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Wissenschaftsrezeption und -kommunikation, soziale Metawissenschaft und Kunstrezeption und Museumserlebnis.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich hatte schon immer das "Problem", dass ich mich für sehr viel Verschiedenes interessiert haben. Nach dem Abitur war die Entscheidung, was ich studieren soll, für mich sehr schwer, so viele Fächer kamen in Frage und so viele Berufe hätte ich spannend gefunden. Ich entschied mich schließlich für die Psychologie, weil ich hier das Gefühl hatte, etwas Handfestes zu studieren, das viele Felder vereint (Natur-, Sozial-, Lebens-, und auch ein bisschen Geisteswissenschaften, von allem etwas), mit dem mir aber immer noch alle Türen offen standen (Wirtschaft, Beratung, klinisch-therapeutische Praxis, Journalismus,... und auch Forschung). Am Ende meines Studiums und nach ein paar Praktika wusste ich dann zumindest, dass es eher nicht die wirtschaftliche oder klinische Praxis werden sollte, da hatte es einfach nicht so geklickt. Da war stattdessen dieses hartnäckige Gefühl, dass ich noch nicht fertig damit war, Neues zu lernen und die Welt um mich herum tiefer ergründen und verstehen zu wollen. Zudem hatte ich im Rahmen meiner Abschlussarbeiten und meiner Tätigkeit als studentische Hilfskraft eine besondere Liebe für die Sozial- und Persönlichkeitspsychologie entwickelt. Somit war mir klar: Da muss noch eine Promotion kommen. Ich bekam eine Lehrstuhlstelle in der Sozialpsychologie an der LMU München, wo ich wirklich optimal gefordert und gefördert wurde: Ich konnte meine eigenen Forschungsinteressen verfolgen, bekam Einblicke in die Forschungscommunity und sammelte umfangreiche Lehrerfahrung. Da war dann doch schnell klar: Sozialpsychologie, Wissenschaft, Uni, Lehre - das passt, hier will ich bleiben. 

 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Schwerpunktmäßig befasse ich mich mit Wissenschaftsrezeption. Das bedeutet, ich erforsche wie Laien, aber auch Forschende selbst, auf Wissenschaft blicken. Dabei beschäftige mich mit Fragen wie: Was fördert und hemmt Vertrauen in Wissenschaft? Oder, wie denken Menschen über die Rolle von Wissenschaft in der Gesellschaft? Meine Forschung baut meist auf sozialpsychologische Theorien auf, beispielsweise zu Stereotypen über Forschende (die "kalten, aber kompetenten Nerds im Elfenbeinturm"), und nutzt sozialpsychologische Methoden, insbesondere experimentelle Fragebogenstudien, die ich online, im Feld und im Labor durchführe. Aber ich reichere diese quantitativen Daten gern auch mit weiteren Informationsquellen an, zum Beispiel mit qualitativen Erkenntnissen aus offenen Texten und Interviews oder Verhaltensdaten aus Virtual Reality Settings, Social Media oder Museen. 

 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Am Thema Wissenschaftsrezeption finde ich so toll, dass es nicht nur gesellschaftlich relevant und nützlich ist, sondern mir auch Berührungspunkte mit allen möglichen wissenschaftlichen Disziplinen und Inhalten bietet. Ich arbeite zum Beispiel mit Wissenschaftsmuseen zusammen, wobei ich Einblicke in Themen wie die Meeresforschung, Chemie, und Wissenschaftsgeschichte erhalte und gleichzeitig etwas über Museumsdidaktik und Museumsmanagement lernen. Mit meinem Forschungsthema bin ich in ganz verschiedenen Kontexten unterwegs, von der sozialpsychologischen Grundlagenforschung, über interdisziplinäre Kooperationen bis zur Anwendung in Museen, Politik und Medien. Ich liebe diese Vielfalt und das Gefühl, zu realen Herausforderungen beitragen zu können.

 

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Alles um uns herum ist (oder könnte) durch Wissenschaft informiert werden. Wissenschaft hilft uns, uns in unserer komplexen Welt zurecht zu finden und Entscheidungen zu treffen - im Alltäglichen genauso wie in Krisenzeiten: Welche Lebensmittel sind gesund und unbedenklich und was sagt eigentlich die Smartphone-App, ob es gleich regnet? Wie kann eine Pandemie wirksam eingedämmt und die Klimakrise bewältigt werden? Wir leben in einer so hochspezialisierten Welt, dass wir uns eigentlich ständig auf wissenschaftliche Expertise verlassen müssen. In anderen Worten: Ohne Vertrauen in Wissenschaft wird es schwierig in unserer Gesellschaft. Daher ist es wichtig, einerseits Wege zu finden, Wissenschaft und ihre gesellschaftliche Funktion besser zu kommunizieren und zu vermitteln, und andererseits, Wissenschaft und ihre Erkenntnisprozesse selbst besser zu machen. Zu beide Perspektiven kann die Psychologie mit ihrem Blick auf menschliches Erleben und Verhalten beitragen.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Was ist zusätzlich, was ist extern in der Forschungswelt? Irgendwie gehört ja alles zusammen und die Grenzen sind fließend. Ich bin seit vergangenem Oktober Juniorprofessorin am Leibniz-Institut für Psychologie und leite dort das Science Reception Lab. In dieser neuen Funktion sind für mich einige zusätzliche Aufgaben sowohl als Gruppenleitung als auch als Teil der Institutsleitung dazu gekommen. Mehr zum Stellenwechsel und meiner Arbeit als Juniorprofessorin dann in der Woche.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich habe meine Hobbies auch zum Teil meines Berufs gemacht: Ich beließ es nicht beim Psychologie-Studium, sondern absolvierte parallel aus Interesse auch noch ein Bachelorstudium in Kunstgeschichte und Geographie. Ich liebe Museen und Kunst und habe mittlerweile die Kunstrezeptionsforschung zu einem zweiten psychologischen Forschungsschwerpunkt gemacht. Außerdem kann ich mich sehr für Tiere und Pflanzen begeistern, was ich unter anderem als gelegentliche Bürgerforscherin (Vögel zählen!) auslebe - und nun habe ich auch ein Forschungsprojekt über Citizen Science.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?
Ausschlafen, Frühstück, Stadtspaziergang, Museumsbesuch, Café. Oder nach draußen in die Berge.



Bitte begrüßt Marlene ganz herzlich bei Real Scientists DE!

Sunday, February 9, 2025

Genetische Methoden für den Naturschutz! Gernot Segelbacher ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unseren Kurator Gernot Segelbacher (@gsegelbacher.bsky.social)! Gernot studierte an der Universität Tübingen Biologie, mit den klassischen Fächern Zoologie, Botanik und Geologie. Danach promovierte er an der TU München im Bereich Molekulare Ökologie. Nach einem Post-Doc am MPI für Ornithologie in Radolfzell wechselte er an die Universität Freiburg. Dort forscht und unterrichtet er als apl. Professor. Seine Forschung konzentriert sich auf molekulare Methoden im Naturschutz und der Umsetzung von genetischen Ansätzen in Politik und Management von Schutzgebieten.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Das Interesse an Natur hatte ich seit meiner Kindheit - und irgendwann ist dann das Hobby zum Beruf geworden. Prägend waren dabei vor allem meine Zeit an der Universität Tübingen und Auslandsaufenthalte in Finnland und Schweden.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Für Naturschutz habe ich mich als Ornithologe schon immer interessiert. Zu Beginn meines Studiums der Biologie wurde uns damals noch verkündet, dass wir damit auf jeden Fall arbeitslos werden. Ich habe dann dennoch das Studium angefangen und abgeschlossen. Die faszinierenden Möglichkeiten genetischer Methoden, auch für den Naturschutz, hat mich dann dazu bewogen in diesem Feld zu promovieren. Und es ist superspannend zu sehen wie schnell sich Methoden und Analysen entwickeln. Die Umsetzung in die Praxis find ich nach wie vor reizvoll und spannend.

 

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich arbeite an der Schnittstelle von Forschung und Naturschutz und versuche mit modernen genetischen Methoden Erkenntnisse für Naturschutzmanagement zu liefern. Das bedeutet zum einen Laborarbeit, Auswertungen und natürlich das Schreiben von Publikationen. Die Betreuung von Studierenden, Doktoranden und Post-Docs ist ebenfalls Bestandteil der Arbeit, genauso wie die Lehre zu unterschiedlichsten Themen (von Naturschutzgenetik bis Ökophysiologie).  Gleichzeitig engagiere ich mich international im Bereich der Naturschutzpolitik in verschiedenen Netzwerken und Verbünden. Daher gehören auch sehr viele Videokonferenzen zu meiner Arbeit.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Ich arbeite an der Schnittstelle von Forschung und Naturschutz. Auch wenn mittlerweile genetische Methoden weit etabliert sind, ist es für viele Praktiker immer noch ein Buch mit sieben Siegeln und die Anwendungsgebiete unklar. Gleichzeitig haben wir ja auch einen internationalen Auftrag zur Erfassung und um Monitoring genetischer Vielfalt. Während das Artensterben für viele Menschen zumindest ein Begriff ist, ist der Verlust genetischer Vielfalt für viele noch unbekannt. 


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich leite unter anderem die Conservation Genetic Specialist Group der IUCN und engagiere mich innerhalb der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Bodensee.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Vögel beobachten und rund ums Jahr Schwimmen.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Gerne bin ich in den Bergen unterwegs und mache eine lange Wanderung.


Bitte begrüßt Gernot ganz herzlich bei Real Scientists DE!