Mit großer Vorfreude stellen wir euch unseren neuen Kurator Matthias Stahl (@bioschema) vor! Matthias hat an der TU München Biochemie studiert und promoviert dort aktuell am Lehrstuhl für Organische Chemie II. Auf der Arbeit steht er im Maschinenraum von Bakterien, Viren und menschlichen Zellen: Die Welt der Proteine hat es ihm angetan.
Wenn er gerade nicht am Massenspektrometer sitzt, erklärt er Laien, wie man multiresistenten Keimen die Laserschwerter abnehmen kann. Wir sind gespannt, was er sich diese Woche noch alles einfallen lässt!
Hier ist Matthias in seinen eigenen Worten:
Meine Eltern schenkten mir einmal zu Weihnachten einen Chemiekasten. Es war die Explosion auf den ersten Blick. Ich experimentierte teils nächtelang. Doch so spannend diese Erfahrung am Anfang auch war, irgendwann stellte ich fest, dass wir Menschen ja auch zu einem beträchtlichen Teil aus Chemie bestehen. An Menschen konnte ich nun schlecht experimentieren, deswegen fing ich mit Bakterien an, die ich aus dem Spüllappen meiner Mutter isolierte. Aus Wald- und Wiesenpflanzen konnte ich Antibiotika extrahieren und deren Wirkung auf die Bakterien, die in Einmachgläsern meiner Oma wuchsen, beobachten.
Antibiotika interessierten mich also schon fast immer, deswegen arbeite ich heute noch damit. Besser gesagt arbeite ich mit den Bakterien, die einen Weg gefunden haben, den Antibiotika auszuweichen. Das ist ein Hauptgrund dafür, warum wir in Deutschland mehrere Tausend Tote im Jahr haben, die sterben, weil es keine wirksame Antibiotika gibt. In meiner Forschergruppe versuchen wir Wege zu finden, um die Bakterien abermals auszutricksen.
Vor etwa vier Jahren begann ich meine Promotion mit dem Fokus auf ein einzelnes Protein in Bakterien, das wir versuchten zu verstehen. Proteine sind gewissermaßen die Arbeiter in einer Bakterienzelle. Sie sorgen dafür, dass chemische Reaktionen ablaufen oder angehalten werden. Heute jedoch sieht die Laborwelt ganz anders aus. Mittlerweile schauen wir so gut wie alle Proteine der Zelle gleichzeitig an. Ds ist das Feld der Proteomik. So kann man größere Zusammenhänge verstehen und genau beobachten, wie die Zelle zum Beispiel auf die Gabe eines Antibiotikums reagiert. Man hat also jede Menge Daten. Meine Arbeit dreht sich dann auch zu einem Großteil darum, diese Daten zu verstehen. So konnten wir kürzlich die Wirkweise eines neuartigen Antibiotikums beobachten, dass die Bakterien nicht tötet, wie es Antibiotika tun, sondern sie lediglich entwaffnet. Warum das sinnvoll sein kann, darum wird es diese Woche auch gehen.
Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Nun ja, die Öffentlichkeit steht vor der Herausforderung immer weniger wirksame Medikamente gegen bakterielle Infektionen zu haben. Das ist aber nicht der Hauptgrund. Vielmehr genieße ich den Fachwörter-freien Dialog mit Nicht-Wissenschaftlern. Es ist mir mehr als einmal passiert, dass mich jemand in der Pause eines Science Slams auf eine ganz neue Idee gebracht hat.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich bin Science Slammer und werde ab November auch an Schulen einzelne Unterrichtsstunden zu meinem Forschungsthema gestalten.
Ich habe zwei Hobbys, die sich in einem steten Rhythmus abwechseln. Mein Tag ist gewöhnlich voller Evidenzen und Wissen, deshalb schreibe ich ab und zu Kurzgeschichten, damit meine Fantasie nicht ganz so beleidigt ist. Wird das eintönig, hole ich meinen Raspberry Pi raus und baue irgendwelche elektronischen Schaltungen auf. Meistens ist man davon aber sehr schnell frustriert, dann wird wieder geschrieben.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Meine Frau und ich werden von unseren Kindern geweckt und dann backe ich mit unserer ältesten Tochter Brötchen. Die Kinder haben dann meistens die besten und spontansten Ideen für einen abenteuerlichen Tag. So kann mich der morgendliche Hefeteig nicht wieder an die Biochemie der Gärung erinnern...
Bitte begrüßt Matthias ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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