Sunday, April 25, 2021

Dinosaurierzähne und Kaffeeklatsch - Franziska Sattler ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch Franziska Sattler (@ohyeahfranzi & @WisskommKaffee) als unsere neue Kuratorin vorstellen zu dürfen! Franziska ist Wirbeltierpaläontologin und Evolutionsbiologie Absolventin der Freien Universität Berlin. So lange sie sich erinnern kann, hatte Franziska eine Leidenschaft für Wissenschaftskommunikation, Lehre und internationale Beziehungen in der Hochschulbildung. Sie ist bei Formaten wie Pint of Science und Soapbox Science in Deutschland tätig und hat nun auch die Rolle der Kommunikatorin bei Science Borealis Canada übernommen. Franziska forscht an Dinosaurierzähnen und arbeitete bis vor kurzem am Tyrannosaurus-rex-Zahnersatz am Museum für Naturkunde Berlin, wo sie heute als Wissenschaftskommunikatorin mit ihrem eigenen Bildungsformat "Kaffeeklatsch mit Wissenschaft" arbeitet.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 

Ich glaube, da muss ich meinem Opa für danken. Er hat sich selbst immer schon sehr für die Welt, Sprachen und Forschung interessiert. Ich hatte schon als kleines Kind eher Dinosaurierfiguren zum Spielen anstatt Puppen. Mit meinen Eltern bin ich schon immer viel gereist, wofür ich ihnen sehr dankbar bin. Ich glaube ich war insgesamt acht Mal in Ägypten und wollte eigentlich Ägyptologie oder Altertumswissenschaften studieren. Die Paläontologie war immer meine erste Liebe, aber ich war in Physik und Chemie in der Schule nie sonderlich gut und hatte große Angst, das Geowissenschaftenstudium nicht zu schaffen. Anstatt gleich nach dem Abitur zu studieren, bin ich dann doch lieber erst einmal nach London gezogen um “richtige” Berufserfahrung zu bekommen. Dort war ich für ungefähr vierzehn Monate, was dazu geführt hat, dass ich die Bewerbungsfrist für das Bachelorstudium verpasst habe. Ich wollte jedoch keine weitere Zeit verlieren und habe mich für ein Praktikum am Museum für Naturkunde Berlin (MfN Berlin) beworben. Damals ging das noch relativ einfach. Ich hatte keinerlei Erfahrung in der Forschung oder der Arbeit an einem Museum. Ich wurde aber trotzdem akzeptiert, was glaube ich auch daran lag, dass sich zur der Zeit (2009) vor allem Jungen und Männer dort beworben haben und ich somit meiner Betreuerin gleich positiv aufgefallen bin. Und was soll ich sagen, seit 2009 bin ich eigentlich immer wieder am MfN Berlin, denn ich bin tatsächlich Wirbeltierpaläontologin geworden. Ich liebe die Forschung, bin aber momentan viel mehr in die Kommunikation involviert.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
 

Ich habe schon ziemlich früh im Studium mit der Wissenschaftskommunikation begonnen. Während des Bachelorstudiums (Geowissenschaften) habe ich ja wie erwähnt im Museum für Naturkunde Berlin gearbeitet. Dort bin ich also eigentlich schon on und off seit Januar 2009 angestellt und hatte wohl jede Stelle und jeden Vertrag, den es da so zu holen gibt. Alles von Praktikantin und wissenschaftlichen Mitarbeiterin, bis hin zu Bürgerwissenschaftlerin und Grabungsarbeiterin. Das alles kommt auch immer mit einer eigenen Art von Wissenschaftskommunikation. Das Museum ist so gut vernetzt, dass man dem Thema eigentlich auch nicht entkommen kann, selbst wenn man wollte. Jedoch hat mir die Mitarbeit bei der Langen Nacht der Wissenschaften den ersten Einblick gegeben. So richtig selbst aktiv wurde ich 2016 bei Pint of Science Germany, wo ich seitdem auch einige Jahre die Berlin Koordinatorin war. Wissenschaft und Bier passt immer gut zusammen. Dort wurde auch eine Projektleiterin des zukünftigen Experimentierfeld für Partizipation und Offene Wissenschaft am MfN Berlin auf mich aufmerksam. Ich sage „zukünftig“, weil es das damals noch gar nicht gab. 

Dem Museum hat wohl gefallen, wie ich Pint of Science leite und organisiere, was dazu geführt hat, dass mir mein eigenes Format angeboten wurde. Ich habe lange gegrübelt was mir wirklich Freude bereitet und was auch die Besucherinnen und Besucher toll finden können, und so bin ich auf „Kaffeeklatsch mit Wissenschaft“ gekommen. Einmal im Monat, meistens der erste Sonntag, findet mein Programm statt. Ich lade mir interessante Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, trinke mit ihnen Kaffee und sitze in einer richtig spannenden Kaffeerunde mit ihnen und den Besuchern zusammen. Einfach toll, dass das tatsächlich mein Job ist!

Ich liebe es zu sehen, wie begeistert das Publikum ist, wie überrascht, was es alles an toller Forschung gibt und wie viel Wissen alle bereits oft selbst schon mitbringen.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit! 

Bei meinem Wissenschafts-Format “Kaffeeklatsch mit Wissenschaft” (engl. Science Communication Café) am Museum für Naturkunde Berlin ermögliche ich Besuchenden und Zuschauenden seit August 2019 in entspannten Gruppen ein Thema zu besprechen und Fragen zu stellen, ohne sich eingeschüchtert zu fühlen. Denn das Konzept kombiniert etwas, das viele Deutsche ihr ganzes Leben lang kennen: sonntags mit der Familie zusammensitzen, Kaffee zu trinken, Kuchen zu essen und über das Leben, die Woche und aktuelle Ereignisse diskutieren mit Wissenschaft, die für viele ein unbekanntes Terrain ist. Einige unserer Gäste fragen zum Beispiel: "Was machen Wissenschaftler*innen eigentlich den ganzen Tag?“ oder sie stellen sich Forschende als unnahbar und distanziert vor. Mir ist es unglaublich wichtig, meine Gäste so zu zeigen, wie sie sind und dabei auch einfach mal über das Alltägliche zu plaudern. Die Forschung steht dabei natürlich immer im Mittelpunkt. Aber es geht mir auch darum, die menschliche Seite der Wissenschaft herauszustellen. Es findet Kommunikation auf Augenhöhe statt. Dabei sind auch Kontroversen und Differenziertheit oft Bestandteil unserer Gespräche. Das Vertrauen in die Wissenschaft und vor allem Wissenschaftler*innen soll somit gestärkt werden.

Zusammen Kaffee zu trinken macht den Charme von „Kaffeeklatsch mit Wissenschaft“ aus, fühlt sich familiär an und sorgt dafür, dass unsere Besucher*innen immer wiederkommen. Dass das Format aufgrund der Corona-Pandemie vorerst digitalisiert wurde, hat der Gemütlichkeit aber keinen Abbruch getan. Ich treffe mich mit meinen Gesprächspartner*innen meist bereits vor dem Event – entweder in einem Café oder zurzeit auch online, damit wir uns schon mal kennenlernen können. Mir ist es wichtig, den Besucher*innen das Gefühl zu geben, dass die zwei Menschen, denen sie zuschauen, sich schon lange kennen.

Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

„Wissen verpflichtet auch zu seiner Vermittlung“, hat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek gesagt. Dem stimme ich 100-prozentig zu. Außerdem ist das Interesse an Wissenschaft seitens der Öffentlichkeit absolut vorhanden. Laut „Wissenschaftsbarometer“ der Initiative „Wissenschaft im Dialog“ interessieren sich mehr als 70 Prozent der Deutschen für wissenschaftliche Themen und rund zwei Drittel der Befragten sprechen Wissenschaft und Forschung auch in Zeiten der Corona-Pandemie ihr Vertrauen aus. Von Forschenden wird immer mehr verlangt, dass sie nach außen kommunizieren. Schließlich wird die große Vielfalt an Forschung auch durch die Steuern unserer Bürger*innen ermöglicht, daher sollte die Forschung für die Öffentlichkeit transparenter und zugänglicher gemacht werden. Der Austausch zwischen Forschenden und der Gesellschaft sollte in sämtlichen Wissenschaftsbereichen alltäglich werden.  

Ich weiß jedoch auch, dass es oft Berührungsängste mit der Wissenschaft geben kann, aus meiner eigenen Familie - in der ich die erste Wissenschaftlerin bin. Meine Eltern haben mich immer unterstützt und ich bin ihnen unendlich dankbar dafür. Ich weiß jedoch auch, dass ihnen häufig nicht klar war, was ich so mache. Manchmal haben sie mir gesagt, dass sie Wissenschaft einfach nicht verstehen können und dass man dafür wohl sehr schlau sein muss. Diese Einstellung scheint weit verbreitet zu sein. Das stimmt natürlich nicht. Deshalb ist es mir so wichtig, die Allgemeinheit und Forschende zu einem Dialog auf Augenhöhe zusammenzubringen. Mit guter Wissenschaftskommunikation können Wissenschaftler*innen schon Grundschulkindern ihren Forschungsbereich verständlich erklären.

Für meine Events lade ich mir auch vor allem Wissenschaftlerinnen gern ein, um ihre Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit zu erhöhen - beispielsweise die Neurobiologin Dr. Vira Iefremova und Psychologinnen wie Doktorandin Helena Hartmann und Dr. Anna Henschel. Ganz toll fand ich auch Dr. Florencia Yannelli und Marta Alirangues Núñez, zwei Ökologinnen. Frauen eine Plattform zu bieten, um als weibliche Vorbilder dienen zu können, liegt mir sehr am Herzen. Die Vielfalt der Stadt spiegelt sich in den verschiedenen Forschungsinstituten wider, die sich auf eine Vielzahl von Bereichen konzentrieren. Trotz alledem sind weniger als ein Drittel der Professoren in Berlin Frauen. Ich weiß aus erster Hand, wie wichtig es sein kann weibliche Vorbilder zu haben. In meinem Fachbereich, der Wirbeltierpaläontologie, gibt es jetzt immer mehr junge Frauen, das war jedoch nicht unbedingt so, als ich damals damit angefangen habe. Glücklicherweise hatte ich bereits vor meinem Studium (und währenddessen) ganz tolle Mentorinnen - soviel Glück hat jedoch nicht jede.

Wenn ich durch „Kaffeeklatsch mit Wissenschaft“ einen Beitrag dazu leisten kann, dass unsere Besucher*innen mit neuem Wissen und einem revidierten Bild von Wissenschaftler*innen das Event verlassen, dann bin ich zufrieden und dankbar.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten? 

Ich habe das Glück, dass ich in vielen verschiedenen Wissenschaftskommunikationsprojekten mitarbeiten kann. Pint of Science Germany (PoS) zum Beispiel. Pint of Science ist ein internationales Festival, das einige der brillantesten Forschenden in eure lokale Kneipe bringt, um ihre neuesten Forschungsergebnisse und Erkenntnisse mit euch zu diskutieren. Dort hat man die Chance, die Wissenschaftsverantwortlichen der Zukunft kennenzulernen (und ein Bier mit ihnen zu trinken). Es macht unheimlich viel Spaß und ich bin bereits seit 2016 in Berlin dabei. Ich habe dort selbst schon als Sprecherin teilgenommen, bin aber ansonsten Teil unseres Organisationsteams. Unsere Events finden weltweit im Mai statt.

Zusätzlich bin ich seit Anfang 2020 mit großer Begeisterung Teils des Soapbox Science Berlin Teams. Soapbox Science ist eine neuartige Plattform für die Öffentlichkeitsarbeit zur Förderung von Frauen und nicht-binären Forschenden sowie der Wissenschaft, die sie betreiben. Unsere Veranstaltungen verwandeln öffentliche Bereiche in eine Arena für öffentliches Lernen und wissenschaftliche Debatten. Sie folgen dem Format der Speaker's Corner im Londoner Hyde Park, die historisch gesehen ein Schauplatz für öffentliche Debatten ist. Es gibt keine PowerPoint-Folien, kein Amphitheater - nur bemerkenswerte Wissenschaftlerinnen, die ihren neuesten Entdeckungen präsentieren und eure Fragen beantworten.

In unserem Video erfahrt ihr mehr über unsere bevorstehenden und vergangenen Veranstaltungen. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie eine Veranstaltung aussieht.
Meine Aufgaben beinhalten das Organisieren unserer Events, Pressearbeit und Korrespondenz mit unseren Sponsoren. Einmal pro Jahr bieten wir auch einen Workshop für die Wissenschaftskommunikation an - das macht mir immer riesigen Spaß. Ganz normale, einseitige Vorträge sind eher nichts für mich.

Momentan plane ich meinen Umzug nach Kanada und bereite mich bereits aktiv darauf vor, in dem ich ehrenamtlich bei Science Borealis im Outreach-Team mitarbeite. Science Borealis bietet Plattformen und Schulungen an, um Wissenschaftskommunikatoren dabei zu helfen, Geschichten über die kanadische Wissenschaft zu teilen.

Außerdem bin ich Berlin City Brain City-Botschafterin (Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie) - ich habe irgendwie überall meine Hände drin.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Wenn ich nicht über Themen twittere, die mir wichtig sind, bin ich höchstwahrscheinlich damit beschäftigt, mein nächstes Reiseabenteuer zu planen, mit meiner Kamera Freunde zu fotografieren oder irgendwo in einem Café ein Buch zu lesen. Außerdem habe ich während meines Studiums in Montana, USA, das Wandern für mich entdeckt.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Wenn ich mir wirklich aussuchen darf, wie ich den Tag verbringen kann, dann vielleicht einfach ganz entspannt, ohne Pläne. Ich plane immer meine ganze Woche komplett durch, also einfach mal nichts tun und ausschlafen wäre wunderbar. Kaffee im Bett, etwas Schönes lesen und dann vielleicht im Wald spazieren gehen klingt für mich einfach toll.

Bitte begrüßt Franziska ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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