Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unsere neue Kuratorin Anne-Kathrin Kreft (@Anne_Kreft) vorstellen zu dürfen. Anne studierte British and American Studies an der Universität Bielefeld und Politikwissenschaften an der Western Washington University und der University of Pittsburgh in den USA. Ihre Promotion zum Thema sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten schloss sie 2019 an der Universität Göteborg ab. Aktuell ist sie Postdoc an der Universität Oslo.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Das war bei mir kein ganz so gradliniger Weg.
Während meines Bachelor- und meines Masterstudiums habe ich eigentlich eine
Laufbahn in einer internationalen Organisation wie der UN angestrebt. Ehrlich
gesagt war eine Promotion das allerletzte, wonach mir nach Abschluss des
Masterstudiums der Sinn stand. Nachdem ich dann 2,5 in der
Entwicklungszusammenarbeit und danach in der Hochschulberatung tätig war, merkte
ich allerdings, wie sehr mir die politikwissenschaftliche Forschung fehlte.
Also habe ich angefangen, mich auf Promotionsstellen zu bewerben. Im Anschluss
kam dann die Postdoc-Stelle.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Nachdem ich meine ersten Kurse zum Thema bewaffnete
Konflikte belegt hatte, gab es für mich kein spannenderes Thema in der
Politikwissenschaft mehr. Einerseits ist es in gewisser Weise faszinierend –
wenn auch zutiefst erschütternd – die Abgründe menschlichen Verhaltens unter
die Lupe zu nehmen. Andererseits ist es inspirierend zu untersuchen, wie
Menschen gegen Krieg und Gewalt Widerstand leisten und sich selbst unter solch
krassen Bedingungen neue Handlungsspielräume erarbeiten. Trotzdem ist die
tägliche Auseinandersetzung mit Gewalt, Leid und Tod nicht immer einfach und
insbesondere während der Pandemie fehlt da der regelmäßige Austausch mit, und
die Ablenkung durch, Kolleg*innen.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
In meiner Forschung geht es in erster Linie um geschlechterbasierte Gewalt in Konfliktsituationen, und nationale sowie internationale Reaktionen darauf. Für meine Dissertation zum Thema sexuelle Konfliktgewalt habe ich u.a. vier Monate in Kolumbien verbracht, um dort Interviews durchzuführen. Insbesondere das unermüdliche Engagement und die bewundernswerte Kraft der zivilgesellschaftlichen Aktivistinnen, die sich dort für Frieden, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung einsetzen, hat mich zutiefst beeindruckt. Meine Arbeit widmet sich außerdem zunehmend auch anderen Formen geschlechterbasierter (Konflikt-)Gewalt - auch gegen Männer - und der Frage, wie solche Formen der Gewalt in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.
Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Sexuelle Kriegsgewalt hat seit den Kriegen im
ehemaligen Jugoslawien und Ruanda in den 1990er Jahren besondere Aufmerksamkeit
erhalten, und auf internationaler Ebene hat sich das Engagement für die sozio-politische
Teilhabe von Frauen in Konfliktsituationen in den letzten 20 Jahren deutlich verstärkt.
Sowohl aus Sicht der Gleichberechtigung und Menschenrechte als auch im Hinblick
auf nachhaltige Beilegung von Konflikten, ist die aktive Einbindung von Frauen
und Gender-Thematiken extrem wichtig.
Gleichzeitig halte ich es für wichtig, den Fokus
auf bestehende und strukturelle Ungleichheiten und Formen der Diskriminierung
zu lenken – insbesondere in Zeiten, in denen sowohl zivilgesellschaftlicher
Aktivismus als auch Forschung zu Gender-Themen zunehmend Backlash erfahren,
auch von staatlicher Seite, wie bspw. in Ungarn, Brasilien oder Russland.
Sexuelle und andere geschlechterbasierte Konfliktgewalt hat im Endeffekt ihren
Ursprung in solchen strukturell und gesamtgesellschaftlich verankerten
Geschlechterungleichheiten.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Ich war während meiner Promotionszeit Mitglied der
Research School on Peace and Conflict, sowie Teil ihrer Steering Group. Dort habe
ich wahnsinnig viel gelernt und viele Kontakte zu anderen
Konfliktwissenschaftler*innen in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen
geknüpft. Zudem bin ich Mitbegründerin des neuen Interdisciplinary Peace and
Conflict Research Network, das als Alumni-Netwerk der Research School
fungiert. Im Herbst planen wir unser erstes Symposium! Ansonsten bin ich – wie
die meisten Akademiker*innen – hier und da für Juries und als Reviewer aktiv
und versuche mich mit Blog-Beiträgen auch ab und zu in der
Wissenschaftskommunikation.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich fotografiere und reise gerne und ganz besonders
gerne kombiniere ich beides. V.a. Island hat sich in den letzten Jahren (vor
der Pandemie) für mich als Traumurlaubsziel entpuppt und ich freue mich sehr
drauf, hoffentlich (!) nächstes Jahr die nächste Reise antreten zu können. Und
meine Twitter-Followerschaft wäre zutiefst verstört, wenn ich an dieser Stelle
nicht auch meine Begeisterung für Eichhörnchen erwähnen wurde – auch diese
werden eifrig fotografiert, wenn sie mir denn mal vor die Linse geraten.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Ein Spaziergang im Teutoburger Wald (wenn in der Heimat, sonst geht auch ein anderer Wald oder ein Strand), Grillen, ein Weizen trinken, einen guten Krimi lesen...
Bitte begrüßt Anne ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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