Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Benedikt Ehinger (@BenediktEhinger) vorstellen zu dürfen! Benedikt Ehinger ist ein 100%iger Kognitionswissenschaftler, mit einem BSc, MSc und Doktor in Cognitive Science von der Universität Osnabrück. Nach einem Abstecher am Donders Institute in den Niederlanden ist er jetzt im Schwabenländle gelandet mit einer Juniorprofessur für Computational Cognitive Science an der Universität Stuttgart.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Irgendwas mit Biologie, Psychologie und Informatik wollte ich studieren. Nimmt man noch Mathematik, Philosophie und Linguistik dazu, hat man Cognitive Science. Das konnte man damals nur in Osnabrück studieren - also bin ich dahin, ohne groß auswählen zu müssen. Meine Bachelorarbeit habe ich innerhalb eines recht großen Forschungsprojekts abgeschlossen und hatte wahnsinnig viel Gestaltungsmöglichkeiten. Meine Betreuer:innen waren super und meine Ideen wurden alle sehr ernst genommen. Da wurde mir sehr schnell klar, dass richtige Forschung jede Menge Spaß macht - und das Gehirn ist alles andere als verstanden, es gibt also viel zu tun.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden,
und/oder was hält dich dort?
Visuelle Wahrnehmung hat mich schon immer begeistert -
tatsächlich gibt es noch einen alten Zeitungsschnippsel aus meiner
Schulzeit, wo ich als "Mr. Optische Täuschung" abgebildet bin. Das
sieht in Anblick meines jetzigen Berufs ziemlich zielstrebig aus,
war es das aber eigentlich gar nicht. Eine Aneinanderreihung von
Zufällen und schwubs ist man da, wofür man am Anfang in der
Zeitung stand. Jetzt Untersuche ich zwar nicht optische
Täuschungen direkt, aber Augenbewegungen und die unterliegende
Hirnaktivität. Das ist ein sehr spannendes Thema -
underappreciated fact: Die häufigste Muskelbewegung ist die
Augenbewegung, mit 4-5mal pro Sekunde! Es liegt also nahe, dass
der visuelle Teil des Gehirns sich um Augenbewegungen herum
entwickelt hat. In den meisten Experimenten sind aber
Augenbewegungen aus verschiedenen Gründen streng verboten -
zumindest bis das nicht mehr so ist, will ich in diesem Bereich
arbeiten.
Mein Schwerpunkt ist das Sehen: Ich möchte ein tiefgehendes
Verständnis von der Ursache und Wirkung der Augenbewegungen auf
das Gehirn bekommen und untersuche Hirnaktivität während
Augenbewegungen.
Daran anknüpfend beschäftigt ich mich mit statistischen Methoden zur Analyse von Hirnströmen und anderen Zeitreihen. Durch Corona und Laborgründung kann ich bisher noch keine eigenen Daten aufnehmen und arbeite viel an Simulationen. Zurzeit versuche ich Methoden zu entwickeln, die es uns erlauben Hirnstromdaten unter Bewegung zu analysieren, z.B. bewegte Bilder, bewegte Arme, Beine, und natürlich auch bewegte Augen. Das ist aus vielerlei Gründen schwierig, von elektrischen Artefakten, zu zeitlich überlappenden Aktivität bis hin zu konzeptionellen Problemen. Ein paar davon werde ich diese Woche sicherlich besprechen.
Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine
Forschung/Arbeit interessieren?
Das Gehirn hält alle Erinnerungen inne, alle Erfahrungen, Wahrnehmungen, kontrolliert alle Fähigkeiten und fällt alle Entscheidungen. Bisher versuchen wir diese verschiedenen Bereiche sehr getrennt und kontrolliert im Labor zu betrachten. Das hat mehrere Gründe, einer davon ist, dass wir keine guten Methoden haben Gehirnaktivität in alltäglichen Situationen zu messen. Es fängt bei den Augenbewegungen an: In welcher alltäglichen Situation bewegen wir unsere Augen nicht? Eigentlich fast nie. Das heißt, ich fange mal an Augenbewegungen und Gehirnaktivität zu verbinden, und daraus folgenden dann sehr viele Anwendungen um Gehirnaktivität in natürliche(re)n Umgebungen zu verstehen.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Verletzungsbedingt hängen meine Tanzschuhe am Nagel, dafür mach ich jetzt Tanzmusik. Das Bandonion, *das* argentinisches Volksinstrument (aber eigentlich ein vergessenes deutsches Volksinstrument), hat mich in seinen Bann geschlagen. Es ist ein, sagen wir mal, spezielles Akkordeon. Leider hat jemand die 70 Knöpfe auf den ersten Blick wahllos angeordnet und man muss sie auswendig lernen, fies: Zug und druck unterscheiden sich auch noch, also 140 "Knöpfe" auswendig lernen. Dafür belohnt wird man mit einem einmaligen und fantastischen Klang, und das mit einem Tonumfang eines Klaviers. Und das ganze zum Mitnehmen ins Handgepäck! Ich selber spiel ein Instrument das bald 100 Jahre alt wird und begnüge mich noch mit vielen klassischen Stücken, Tangos und freier Improvisation.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Morgens bis neun ausschlafen und gleichzeitig mit Kind und Partnerin wachwerden - schönes Wetter natürlich. Dann etwas auf dem Bandonion Musik machen. Später Freunde besuchen, Tanzen im Park, vielleicht ein Schachspiel, Menschen beobachten und abends in mittelgroßer Runde Essen kochen, quatsch machen und diskutieren.
Bitte begrüßt Benedikt ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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