Sunday, May 8, 2022

Mathe mal ganz interaktiv - Bernhard Werner ist jetzt bei Real Scientist DE!

Diese Woche freuen wir uns sehr, euch unseren neuen Kurator Bernhard Wener (@BernhardWerner) vorstellen zu dürfen! Bernhard ist Mathematiker und aktuell wissenschaftlicher Mitarbeiter und Materialentwickler an der School of Social Science and Technology der Technischen Universität München. Das sagt Bernhard über sich in seinen eigenen Worten:

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Schon als Jugendlicher wusste ich, dass ich einmal Mathematik studieren will. Natürlich wusste ich nicht, was genau das bedeutet, aber trotzdem. Erst war der Plan, dass ich auf Lehramt studiere. Da ich mir aber nicht ganz sicher war, meinte mein Vater, dass es vermutlich leichter ist, von einem "normalen" Mathestudium ins Lehramt zu wechseln, als andersherum. Also habe ich mit einem "normalen" Mathematikstudium begonnen.
Obwohl ich Physik als Nebenfach hatte, hab' ich mich während meines Studiums zunehmend mit Programmieren beschäftigt und dort mehr Interessen entwickelt. Darum habe ich gegen Ende des Studiums angepeilt, mich irgendwo als Softwareentwickler zu bewerben. Auf eine echte akademische Karriere mit Endziel Professor hatte ich nicht wirklich Lust. Und selbst schon für eine Promotion hielt ich mich nicht auch nur ansatzweise gut genug. Meine damalige Betreuerin meiner Masterarbeit hat mir dann aber, für mich sehr unerwartet, eine Promotionsstelle angeboten. Und da ich bei großen Entscheidungen immer viel zu wenig nachdenke, habe ich sofort Ja gesagt.
Leider musste ich die Promotion nach eineinhalb Jahren dann abbrechen. Im Anschluss bin ich zu meinem ursprünglichen Plan zurückgekehrt und hab' mich auf diverse Softwareentwicklerstellen beworben und hab' auch einige Einladungen für Vorstellungsgespräche bekommen. Dann dachte ich mir aber auch, dass eine Promotion schon toll wäre, wenn ich ein Thema fände, das besser zu mir passt. Also bin ich einmal zu einem Professor, dessen Vorlesungen mir immer besonders gut gefallen hatten. Ich wollte ihn eigentlich nur fragen, ob er mir ein paar Professor'innen und Arbeitsgruppen nennen kann, die sich mit ähnlichen Themen wie er selbst beschäftigen. Da hat er mir dann aber ein neues Projekt von sich vorgestellt, in dem es um die Entwicklung eines interaktiven Schulbuchs für iPads gehen sollte. Und da das super zu meinen Softwareentwicklerplänen passte, habe ich mich dann auf die freie Stelle in diesem Projekt beworben und konnte dort im zweiten Anlauf meinen Doktor machen. 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Im Moment arbeite ich an einer Lernplattform für Lehramtsstudierende. (Unten mehr dazu.) Ich darf/soll mathematische und naturwissenschaftliche Kurstexte schreiben und interaktive Visualisierungen programmieren. Das ist genau die Kombination aus Mathematik, Unterrichten und Programmieren, die ich mir schon immer gewünscht hatte, auch wenn es mir vielleicht nicht immer klar war. Die Entscheidung dafür war also recht leicht und offensichtlich.
Halten tut mich hier allerdings tatsächlich nichts bzw. nicht viel. Unser Projekt ist drittmittelfinanziert und läuft Ende nächsten Jahres aus. Im Anschluss hätte ich noch zwei Jahre unter dem WissZeitVG übrig; bin mir aber im Moment noch überhaupt nicht sicher, ob ich eine akademische Karriere in dem jetzigen System will oder schaffe.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Hier in Bayern lernen Lehramtsstudierende diverse Themen der Erziehungswissenschaft, der Fachdidaktik und der Fachwissenschaft ihrer Fächer. Diese Themen werden meist von Dozent'innen verschiedener Fakultäten unterrichtet und sind oft wenig bis gar nicht aufeinander abgestimmt. Am Ende müssen die Lehrer'innen im Unterricht aber natürlich alles gleichzeitig können und machen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, wurde an der TUM 2016 die Toolbox Lehrerbildung gestartet. Dies ist eine kostenlose, frei zugängliche Lernplattform für Lehramtsstudierende (und Lehrkräfte), in der sie ausgewählte Themen der drei Disziplinen Erziehungswissenschaft, Fachdidaktik und Fachwissenschaft miteinander verschränkt lernen können. Dies geschieht hauptsächlich durch den Einsatz gescripteter Unterrichtsvideos, in denen wir zeigen, wie die Themen in Unterrichtssituationen zusammenspielen (können).
Ich habe 2018 in der Toolbox Lehrerbildung als Materialentwickler für die Fachwissenschaft angefangen. Das heißt, ich schreibe die Texte für die Kursseiten zu den fachwissenschaftlichen Themen wie Graphen & Bäume (Informatik), Dynamische Prozesse in Ökosystemen (Mathematik/Biologie) oder gerade jetzt zur Chemie der Farben (Chemie). Zudem zeichne ich Illustrationen, erstelle Selbstlernaufgaben und programmiere interaktive Visualisierungen/Diagramme, mit denen die Themen im wahrsten Sinne des Wortes (be)greifbar gemacht werden.
Mit der Zeit habe ich außerdem noch weitere Aufgaben übernommen, die sich unter Technikverwaltung zusammenfassen lassen: Ich bin Kontaktperson zu einer externen Softwarefirma, die das Backend der Lernplattform betreut, ich koordiniere unsere Zusammenarbeit mit anderen Unterrichtsvideoportalen und ich designe und betreue die Website unseres Projekts.
In den letzten 10 Jahren habe ich auch parallel sehr viel Zeit in die Lehre gesteckt und als Tutor und Übungsleiter gearbeitet. Momentan habe ich allerdings eine 100%-Stelle in der Toolbox Lehrerbildung, sodass ich in absehbarer nicht mehr unterrichten werde. Zum richtigen Forschen komme ich, vielleicht wenig überraschend, kaum. Ich versuche, wann immer ich Zeit habe, über ein, zwei mathematische Probleme nachzudenken und etwas Verwertbares dazu aufzuschreiben. Aber das Meiste ist im Moment nicht erwähnenswert.

Motivation: warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Unsere Kinder verbringen einen Großteil ihres Lebens in der Schule. Deswegen ist es wichtig, dass unsere Lehrkräfte gut ausgebildet werden. Und trotz all der Theorie, die wichtig ist, sollte ein größerer Praxisbezug im Vordergrund stehen. Mit unseren Unterrichtsvideos und verschränkten Disziplinen bilden wir dabei vielleicht nur einen Tropfen auf den heißen Stein. Aber wir zeigen eine erfolgreiche Möglichkeit auf, wie die Lehrer'innenbildung in Zukunft aussehen kann.
Außerdem sind ALICE:Bruchrechnen, der Name des Buchprojekts meiner Promotion, und die Toolbox Lehrerbildung gute Beispiele dafür, wie Digitalisierung in der Schule und Hochschule aussehen kann.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich bin Schatzmeister im Bayerischen Go-Verein. Go ist ein ca. 4000 Jahre altes Brettspiel. Es entstand in China und wurde in Japan in die heutige Form entwickelt. Seit ein-, zweihundert Jahren verbreitet es sich zunehmend auch in Europa. Als ich etwa 18 Jahre war, hab' ich dieses Spiel über den Manga Hikaru no Go kennengelernt; so wie viele andere auch zu dieser Zeit. Nachdem ich nach München gezogen bin, habe ich oft die örtlichen Spieleabende besucht und an Wochenendturnieren teilgenommen. Eine kurze Zeit leitete ich auch eine Go AG bei mir an der Uni. Leider habe ich für Go immer weniger Zeit und Energie: Promotion, Arbeit, Corona, Familiengründung, etc. Da ich aber unbedingt etwas für die Community hier in Deutschland und insbesondere Bayern tun will, hab' ich mich vor ein paar Jahren dazu bereit erklärt, im Verein als Schatzmeister und Mitgliedsverwalter mitzuarbeiten. Da wir dann aber doch sehr viel kleiner sind als andere Sportvereine, hält sich die Arbeit sehr in Grenzen. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Das interessanteste Hobby ist vermutlich Go, zu dem ich oben ja schon ein bisschen was geschrieben hab'. Ansonsten hab' ich das Problem, dass ich zu viele Interessen hab'. Bin immer ein paar Wochen/Monate von etwas besessen und wechsle dann plötzlich zu etwas anderem.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?

Hmh... Im Idealfall hat der 100 Stunden, sodass ich alles schaffen kann, was ich mir immer für einen normalen Tag vornehme. Aber unter realistischen Bedingungen:
Früh, aber erholt aufwachen. In Ruhe einen Kaffee trinken und ein Buch lesen. Dann bei schönem Wetter raus an die frische Luft und ein bisschen Sport machen. Ein spätes, großes Frühstück. Nachmittags dann an ein paar Stunden an einem Hobbyprojekt rumbasteln. Und abschließend mit einem Glas Whisky in die Badewanne und wieder lesen.

Bitte begrüßt Bernhard ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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