Sunday, January 8, 2023

Spannende Geheimnisse aus der Mediävistik - Hannah Mieger ist jetzt bei RealScientists DE!




Diese Woche freuen wir uns auf unsere neue Kuratorin Hannah Mieger (@HMieger)! Hannah hat Germanistik, Italienisch und Geschichte auf Lehramt an der Universität Heidelberg und an der Università di Bologna studiert. Seit November 2019 ist sie akademische Mitarbeiterin im SFB 933 „Materiale Textkulturen“ an der Universität Heidelberg und promoviert im Bereich der germanistischen Mediävistik zu „Macht in Bewegung. Briefe als Handlungsträger in höfischer Epik“.


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Gute Frage! Ich bin da irgendwie reingeschlittert. Als ich mein Lehramtsstudium in den Fächern Germanistik, Italienisch und später noch Geschichte begann, diente mir das Studium eigentlich als direkter Weg ins Berufsleben. Ich hatte schon immer Lehrerin werden wollen, um junge Menschen auf ihrem Lebensweg begleiten und sie mit meiner Begeisterung anstecken zu dürfen. Schnell merkte ich aber, wie sehr mich das wissenschaftliche Arbeiten interessierte, wie mich Forschungstexte zu eigenen Fragen inspirierten und wie es mich motivierte, dass ich so vieles noch nicht wusste! Schon früh im Studium bekam ich eine HiWi-Stelle in der germanistischen Mediävistik angeboten und durfte seitdem Einblicke ‚hinter die Kulissen‘ gewinnen. Und ich war begeistert!!! Während meines Studiums arbeitete ich somit gleichzeitig als HiWi in einem DFG-Projekt und über einen Lehrauftrag auch an einem Gymnasium. Wissen mehren und weitergeben beflügelt mich. Als mir dann kurz vor meinem Staatsexamen ans Herz gelegt wurde, mich auf eine Promotionsstelle im SFB 933 zu bewerben, zog ich meine Bewerbung auf das Referendariat im Gymnasiallehramt zurück und stürzte mich voller Wissbegierde und Vorfreude in die Arbeit an meinem ganz eigenen Forschungsprojekt. 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Zu Beginn des Germanistikstudiums an der Uni Heidelberg ist die Mediävistik vielen kein Begriff - so auch mir. Unter Sprachwissenschaft konnte ich mir etwas vorstellen und Literaturwissenschaft meinte ich ja ohnehin aus dem Deutschunterricht zu kennen. Die Mediävistik aber reizte mich gerade auch deswegen, weil sie mir fremd war, spannende Geheimnisse bot und mir versprach, eine alte Sprache neu lernen zu dürfen. Schon zu Schulzeiten war ich von Sprachen begeistert, weil sie uns die Möglichkeit eröffnen, neue Welten - sei es durch Reisen oder durch die Literatur - zu entdeckenu. Dank des Mittelhochdeutschen waren aber plötzlich Zeitreisen möglich! Von inspirierenden Dozierenden angesteckt, saugte ich schon in der Einführungsveranstaltung in meinem ersten Semester alles auf und war hellauf begeistert, als ich in meinem zweiten Semester dann in meiner allerersten Hausarbeit meine Leidenschaft für Dantes Jenseitsreise in der Commedia mit der auf mittelhochdeutsch verfassten Jenseitsreise des Tnugdalus vergleichen durfte. Schnell wurde mir klar, dass ich hier ganz neue Welten, Verknüpfungen und Epochen bereisen konnte. Ich blieb diesem Fachbereich also trotz vieler Interessen und meiner großen Begeisterungsfähigkeit treu und bin dankbar, heute für diese ‚nerdigen‘ Interessen bezahlt zu werden.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Wann hast du das letzte Mal einen Brief geschrieben? Vermutlich war es eher ein elektronischer oder sogar ein als Sprachnachricht diktierter. Während wir heute die Auswahl zwischen verschiedenen Medien haben, eröffneten im Mittelalter Briefe die Möglichkeit, über räumliche und zeitliche Distanz miteinander kommunizieren zu können. Briefe zeichnen sich zum einen durch ihre materiale Beschaffenheit wie geringe Größe, leichtes Gewicht sowie Faltbarkeit aus. Zum anderen bedurfte es damals zahlreicher Akteur:innen, die den Brief u.a. in Auftrag gaben, schrieben, vorlasen, aber vor allem transportierten. Briefe sind daher Schrift in Bewegung. Ziel meiner Dissertation ist es, anhand der brieflichen Kommunikation in hochmittelalterlicher Erzählliteratur zu zeigen, wie sich die soziale und politische Bedeutsamkeit ebenso wie das Machtpotential des Geschriebenen in der räumlichen und sozialen Über- und Vermittlung manifestieren. Briefe sind somit "Macht in Bewegung".


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Arbeit/Forschung interessieren?

...weil das Mittelalter so viel mehr bietet als Ritter und Burgen! Mir ist es wichtig, Menschen verständlich zu machen, dass das Mittelalter‘ eben nicht einfach ein abgeschlossenes, weit hinter uns liegendes dunkles Zeitalter ist. Die Menschheitsgeschichte ist ein Kontinuum, indem wir immer wieder mit ähnlichen Herausforderungen, Fragen und Themen konfrontiert werden - so z.B. die Frage nach Machtverhältnissen in Bezug auf Kommunikationsmedien. Nicht alles, was historisch hinter uns liegt, ist dadurch auch gleich rückschrittig oder gar mittelalterlich‘. Gerade die Literatur gibt uns nämlich Aufschluss darüber, wie Menschen vor Jahrhunderten ihre damaligen Kommunikationsmedien reflektiert, wie sie diese und sich selbst in ihrer Welt verortet, wie sie Fremdes wahrgenommen und bewertet haben. Sind das nicht auch genau die Fragen, die wir uns in unserer digitalen, schnelllebigen, globalisierten Welt angesichts alter und neuer Kriege und Krisen stellen? „Erst hören, dann handeln“ hat mein früherer Grundschulrektor immer gesagt. Vielleicht sollten wir häufiger erst zuhören, was uns die Geschichte, unsere Mitmenschen und die Wissenschaft sagen, bevor wir handeln.

Hast Du irgendwelche interessanten/zusätzliche Aufgaben?
Ich bin seit Oktober 2018 als Aktivistin für erblich bedingten Brust- und Eierstockkrebs (BRCA-Genmutation) und Frauengesundheit auf Instagram als Fräulein BRCA(https://instagram.com/fraeulein_brca?igshid=YmMyMTA2M2Y=) aktiv. Im Rahmen dieses ehrenamtlichen Engagements habe ich eine eigene Selbsthilfegruppe für junge Genträgerinnen gegründet, für die ich monatliche (inzwischen digitale) Treffen anbiete, und versende OP-Pakete mit Mastektomie-Hemden, Herzkissen und persönlichem Brief an Betroffene in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Darüber hinaus kooperiere ich mit der Uniklinik Heidelberg, indem wir Fachvorträge für Betroffene anbieten. Ich selbst habe u.a. schon bei der Stiftung der deutschen Wirtschaft als Referentin zu diesem Thema vorgetragen und es ist mir ein ganz persönliches Anliegen allen Menschen klar zu machen, dass unsere (körperliche und mentale) Gesundheit ein Stück weit auch in unseren eigenen Händen liegt!

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen Du erzählen möchtest?
Es ist eher unterhaltsam als interessant: Ich liebe Karaoke! Und zwar nicht, weil ich etwa besonders gut singen könnte. Nein - ganz im Gegenteil. Ich gleiche jedoch mein fehlendes Gesangstalent mit einer unschlagbaren Bühnenpräsenz und einer kreativen Performance (am liebsten zusammen mit meiner Schwester) aus. Wusstet ihr zum Beispiel, dass Karaoke quasi Finnlands Nationalsport ist?! Durch mein zweites großes Hobby - das Reisen - bin ich gemeinsam mit meiner Schwester auf diese Erkenntnis gestoßen, weswegen wir Finnland aus diesem und vielen weiteren Gründen als Reiseziel - trotz der Kälte im Winter - nur wärmstens empfehlen können! Für mich eröffnen Reisen Tore zu neuen Welten, Kulturen und Menschen. Mit dem Rucksack auf dem Rücken und meistens meinem Mann an der Seite erkunde ich daher gerne unseren wunderschönen Planeten an Land und unter Wasser. Denn obwohl ich stark unter Seekrankheit leide und mich gar nicht gerne auf Booten aufhalte, tauche ich am liebsten in die Tiefe, um dabei jedes Mal auf's Neue über mich selbst hinauszuwachsen. 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? (Forschende sind ja auch nur Menschen!!!)
Am liebsten starte ich mit einem ausgiebigen Frühstück in meinen freien Tag. Dafür radel ich mit meinem Mann zuerst auf den Markt in unserem Heimatort: Hier kaufen wir frische Brötchen in der Familienbäckerei, leckere Antipasti vom Marktstand unseres Vertrauens und decken uns mit reichlich Käse ein. Mit vollen Bäuchen landen wir dann erstmal auf unserer Couch und suchen uns eine der zahlreichen Terra X-Dokus raus, die wir per Serienaufnahme hundertfach gespeichert haben. Bei gutem Wetter zieht es uns meistens ins Freie: Zu Fuß oder per Fahrrad geht es dann in die idyllischen Weinberge an unserer geliebten Bergstraße, in den Wald, ins Freibad oder mit unserem Camping-Van auf einen Wochenend-Ausflug. Bei schlechtem Wetter oder während der kalten Jahreszeit warten tausende von Puzzleteilen darauf, ihrem richtigen Platz zugeordnet zu werden, und so manches Exit-Game will gelöst werden. Diesen Aufgaben gehen wir am liebsten in Gesellschaft nach! Familie und Freundschaften sind mir sehr wichtig, weswegen ich gerne alle um mich herum habe: sei es für Spiele-, Film- oder Karaokeabende! Mit einem Lächeln im Gesicht und einem noch größerem im Herzen schlafe ich nach solchen Tagen ein und bin dankbar für neue Erinnerungen, alte Ohrwürmer und gute Gesellschaft!

Bitte begrüßt Hannah ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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