Sunday, May 21, 2023

Die Kunst des Mittelalters verstehen! Melanie N. Reiter ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Melanie N. Reiter (@MelanieNReiter)! Melanie ist Deutsch / Peruanerin und kommt ursprünglich aus Regensburg (Bayern). Ihr Bachelorstudium hat sie an der Philipps-Universität Marburg in den Fächern Kunstgeschichte und Alte Geschichte absolviert. Während ihtres Bachelor- und Masterstudiums hat sie, bis zur Geburt ihrer Tochter, als Studentische Hilfskraft an der Philipps-Universität Marburg und im Städel Museum gearbeitet. Ihren Masterabschluss hat sie an der Goethe-Universität mit der Masterarbeit über das ‚Gebetbuch des Claus Humbracht‘ abgeschlossen. Aktuell promoviert sie am Institut für Kunstgeschichte Schwerpunkt Mittelalter über Diptychon- und Triptychon-Anhänger. Dieses Jahr konnte sie erste Lehrerfahrung im Orientierungsstudium an der Goethe-Universität Frankfurt sammeln und ein bisschen über religiösen Schmuck erzählen. Ihr Themenschwerpunkt liegt übergreifend bei Stunden-, Gebetbüchern, Material culture, Frömmigkeitspraxis und Emotionen im Mittelalter.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Puh, das ist eine lange Geschichte… Zuerst war das eigentlich gar nicht geplant, da ich mit Fachabitur in Bayern (woher ich ursprünglich komme) nicht an der Universität studieren durfte. Da keiner in meiner Familie vorher an einer Universität studiert hatte und ich mich im Fach Deutsch nie wirklich wohl gefühlt habe, hatte ich mir ein solches Studium auch ehrlich gesagt nicht wirklich zugetraut. Ich habe dann zunächst ein BWL-Studium an der Fachhochschule Regensburg angefangen um einen „sicheren“ Abschluss in der Hand zu haben. Ich habe jedoch schnell gemerkt, dass mich der Studiengang, trotz der Sicherheit, nicht glücklich macht und habe diesen nach drei Semestern abgebrochen. Mein damaliger Freund (nun Mann) hat mich daraufhin motiviert, mich doch für einen Studienplatz in Hessen an der Philipps-Universität Marburg zu bewerben, wo studieren auch ohne Abitur möglich ist. Da ich schon immer gerne viel gelesen und gemalt und mich sehr für Kunst und Geschichte interessiert habe, habe ich mich schließlich für Kunstgeschichte und Alte Geschichte entschieden. Die richtige Entscheidung, denn seit meiner Annahme an der Philipps-Universität Marburg hat mich die Arbeit mit Kunstwerken besonders aus dem Mittelalter nicht mehr losgelassen.

 

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Am Anfang meines Studiums hätte ich nicht gedacht, dass mich das Mittelalter so faszinieren würde, da ich besonders von der Renaissance und der Frühen Neuzeit wie der französischen Kunst – Jacques-Louis David etc. - fasziniert war. Das Schöne am Bachelor-Studium in Marburg damals war (ich weiß nicht ob es an anderen Universitäten genauso ist), dass einem ans Herz gelegt wurde, neben den Aufbaumodulen, von jedem Kunstgeschichtlichen Fachbereich (Mittelalter, Frühe Neuzeit, Moderne) mindestens eine Lehrveranstaltung zu besuchen. Dadurch habe ich an einem Seminar über mittelalterliche Kirchenarchitektur teilgenommen. Die Dozentin hat das Seminar so erfrischend und interessant gestaltet und die Architektur mit Heiligenkulten, Gräbern wie auch farbigen Kirchenfenstern verbunden, dass ich seitdem das Mittelalter in einem völlig anderen Licht sehe. Es geht zwar oft um religiöse Thematiken, aber jedes Objekt verbirgt seine „eigene Geschichte“ die für uns heute erst erschlossen werden muss oder oft auch unerwartete unreligiöse Komponenten besitzt, z.B. Drollerien. Mich in eine andere Epoche hineinzuversetzen und ein bisschen Detektiv zu spielen hat mich seit jeher verzaubert.


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich promoviere über Diptychon- und Triptychon-Anhänger. Diptychen sind klappbare, zweitürige Objekte und Triptychen bestehen aus einer Mitteltafel und zwei angehängten, Flügeln, die man ebenfalls öffnen kann. In der Kunstgeschichte sind diese Objekte mit der Zeremonie der Messe verbunden. Vor allem Triptychen kennen die meisten vermutlich aus christlichen Kirchen. Das sind diese Bildträger, die auf dem Altar stehen und manchmal offen oder geschlossen präsentiert werden, je nach kirchlichen Feierlichkeiten. Nun das Interessante: Im Mittelalter, besonders im 14. und 15. Jahrhundert, war es Mode solche Diptychen und Triptychen in Miniatur an einer Kette als Anhänger beziehungsweise als Schmuckstück um den Hals zu tragen. Diese Objekte sind bisher kaum erforscht worden und wenn, dann nur oberflächlich. Dabei können sie meiner Meinung nach so viel über die sozial-, religiös und historischen Hintergründe der Zeit erzählen. Mich interessiert dabei auch der spielerische wie auch emotionale Charakter der Anhänger und ihr Ursprung. Meine Suche nach den Anhängern habe ich bereits abgeschlossen, aber ich freue mich natürlich über jeden Hinweis!

 

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Unsere Geschichte definiert wer wir heute sind, denn auch unser heutiges Selbstverständnis beruht auf der Entwicklung und Erfahrung früherer Menschen und Objekten. Darüber hinaus ist sie so wichtig, um aus bereits begangenen Fehlern zu lernen oder zu wachsen. Wir können aus Kunstobjekten verstehen, wie zum Beispiel in meinem Fall, aus religiösem mittelalterlichen Schmuck, was Menschen zur damaligen Zeit bewegt hat und warum sie es für nötig befanden ein sonst in der Kirche präsentiertes Objekt in Kleinformat als Schmuck mit sich zu tragen. Schmuck konnte nicht nur Fashion-Statement sein, sondern auch die religiöse wie geschichtliche Identität des Tragenden widerspiegeln. Religion bewegt noch heute die Menschen und ist nicht nur heute Politikum, sondern war es auch schon damals.

 

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Ich bin im Deutschen Verband für Kunstgeschichte e.V. und Mitbegründerin der Graduiertenakademie-Initiative ‚Neue Materialismen in der qualitativen Forschung. Wir sind insgesamt sechs Doktoranden, aus unterschiedlichen Disziplinen und analysieren/ diskutieren wie wir den Ansatz Neuer Materialismen auch in unserer Forschung anwendbar machen und davon profitieren können.

 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich liebe es zu kochen und zu backen. Das entspannt mich, wie auch Yoga und Spazieren gehen. Schon seit meiner Jugendzeit lese ich neben ‚schwerer Kost‘ gerne auch Mangas oder seit neuestem Manhwas. Überhaupt finde ich andere Kulturen, Sprachen und Länder immer super spannend und probiere gerne neues aus.

 

Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Definitiv ausschlafen! In Ruhe frühstücken, vielleicht ein wenig Yoga, Zeit mit meiner Familie verbringen. Gerne würde ich auch wieder mal nach Peru reisen und meinen Tag mit gutem Essen und Familie verbringen.



Bitte begrüßt Melanie ganz herzlich bei Real Scientists DE!

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