Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Anja Feneberg (@AFeneberg)! Anja ist derzeit als Postdoktorandin an der Universität Münster tätig. Sie forscht zur Rolle von Stress bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen mit einem Fokus auf das Kindes- und Jugendalter. In Ihrer Promotion an der Universität Wien hat sie untersucht, wie Musikhören im Alltag zur Stressreduktion und Linderung von Schmerzen beitragen kann. Zuvor hat sie bis 2016 in Trier und Toronto Psychologie studiert.
Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Für mich war
schon der erste Tag an der Uni am Anfang meines Studiums etwas ganz Besonderes.
Ich bin nicht in einem akademischen Haushalt aufgewachsen und war damals
ziemlich beeindruckt von der Institution und den vielen Wissenschaftler*innen,
die durch Forschung Antworten auf wichtige Fragen finden und neues Wissen
produzieren (inzwischen weiß ich, dass sich nach den Antworten oft wieder viele
weitere Fragen anschließen :). Gegen Ende des Masterstudiums habe ich dann ein
Forschungspraktikum in Kanada absolviert, das mir sehr viel Freude bereitet
hat. Hier ging es um den Einfluss, den belastende Kindheitserfahrungen auf die
Stressreaktion und psychische Gesundheit auch noch im Erwachsenenalter haben
können. Das Thema und die Arbeit haben mich extrem fasziniert. Da wusste ich,
dass ich gern weiter in der Wissenschaft arbeiten möchte.
Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält
dich dort?
Ich bin
fasziniert von den Zusammenhängen zwischen psychologischen und biologischen
Aspekten unseres Erlebens und Verhaltens, ganz besonders im Kindes- und
Jugendalter. Das ist eine so wichtige und prägende Lebensphase der Entwicklung
und wir wissen noch lange nicht genug darüber.
Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Ich habe vor Kurzem meine Post-Doc Stelle an einem neu gegründeten Lehrstuhl in Münster begonnen. Ein Schwerpunkt meiner Arbeit liegt daher momentan auf dem Aufbau eines psychophysiologischen Labors zur Erfassung von körperlichen Signalen. Wir nutzen Technologien wie EKG und Hautleitwertmessung, um Informationen über die physiologischen Reaktionen von Kindern und Jugendlichen auf verschiedene emotionale, kognitive und soziale Stimuli zu erhalten. Durch diese Methode können wir wertvolle Einblicke in die Mechanismen gewinnen, die psychische Störungen beeinflussen und aufrechterhalten. Außerdem wollen wir diese Mechanismen nicht nur im Labor, sondern auch im direkten Alltag von Kindern und Jugendlichen untersuchen. Hierzu nutzen wir sogenannte „elektronische Tagebücher“ über die wir einen wichtigen Einblick in die alltäglichen Lebenswelten bekommen können.
Daneben
engagiere ich mich in der universitären Lehre und komme dadurch viel in den
Austausch mit Studierenden, was mir sehr viel Spaß macht. In der restlichen
Zeit sitze ich vor dem PC und bin ins Schreiben von Artikeln oder Analysieren
von Daten vertieft, was mich – und das hätte ich vor meiner Promotion nicht
gedacht – tatsächlich entspannt.
Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine
Forschung/Arbeit interessieren?
Ein Großteil der psychischen Störungen entsteht bereits im Kindes- und Jugendalter. Es ist wichtig zu verstehen, warum sich psychische Störungen entwickeln und durch welche Faktoren sie aufrechterhalten werden, um besser und vor allem frühzeitig gegensteuern zu können. Leider bleiben psychische Störungen in diesem Alter häufig unerkannt und chronifizieren bis ins Erwachsenenalter. Stress und der Umgang mit stressreichen Situationen können sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter einen treibenden Beitrag hierzu leisten, leider wissen wir über die genauen Prozesse im Kindesalter erst vergleichsweise wenig.
Hinzu kommt noch, dass – obwohl wir
alle einmal Kinder waren – wir Erwachsene oft den Blick dafür verloren haben,
was Kinder und Jugendliche wirklich beschäftigt. Die Wichtigkeit der
psychischen Gesundheit der jüngeren Generation mehr Beachtung zu schenken ist
im Zuge der Folgen der Coronapandemie inzwischen auch mehr in den Fokus der
Öffentlichkeit gerückt. Ich bin sehr froh, durch meine Forschung und
therapeutische Arbeit dazu beitragen zu können, dass dieser Fokus im
öffentlichen Diskurs weiter ausgebaut wird.
Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen
Aufgaben/Tätigkeiten?
Momentan bin
ich noch mit dem letzten Teil der Ausbildung zur Psychotherapeutin für Kinder
und Jugendliche beschäftigt. Daneben organisiere ich regelmäßig internationale
Workshops für Jungwissenschaftler*innen zu Themen wie der Entwicklung und
Umsetzung von psychosozialen Interventionen und engagiere ich mich in einer
Arbeitsgruppe für Open Science in der Klinische Psychologie.
Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Ich liebe Escape Rooms und
versuche in jeder Stadt, die ich besuche, einen auszuprobieren, wenn es die
Zeit zulässt. Ich wandere auch sehr gern in den Bergen, zumindest immer, wenn
ich in meiner Heimat (dem Allgäu) bin. Seitdem ich in Münster lebe, habe ich
mich auch mit dem Fahrradfahren in der flachen Landschaft angefreundet.
Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Mein idealer freier Tag
hätte 48 h. Dann würde ich in der ersten Hälfte früh aufstehen, eine lange
Bergwanderung in den Alpen unternehmen und abends mit Freunden auf ein Konzert
gehen. Die andere Hälfte dann lange ausschlafen, Filme gucken, Spiele spielen
und in den Tag hineinleben - Hauptsache
ohne Termine. :)
Bitte begrüßt Anja ganz herzlich bei Real Scientists DE!
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