Sunday, April 23, 2023

Wo Körper und Geist aufeinander treffen - Franca Parianen ist wieder bei Real Scientists DE!














Diese Woche dürfen wir unsere Kuratorin Franca Parianen (@FParianen) auf dem Kanal zurück begrüßen! Franca, Jahrgang 1989, ist Neurowissenschaftlerin, Bestseller-Autorin und Wissenschaftskommunikatorin. Ihre Arbeit erforscht das Zusammenleben auf der Ebene von Hirn und Hormonen. Und die Frage, warum es uns so schwer fällt. Ausgestattet mit einem Abschluss in Public Administration, einem Master in Neurowissenschaften und der passenden Promotion, forschte sie unter anderem am Max-Planck-Institut, genauso wie an Unis in Bremen und Utrecht. Seit 2014 ist die Wahlberlinerin als Science-Slammerin aktiv und bringt Wissenschaft auf die Bühnen von
Theatern, Kneipen und Kongressen. Dafür gewann sie überregionale Meisterschaften und den Preis der deutschen Gesellschaft für Neurologie. Inzwischen trifft man sie auch regelmäßig in den Medien, als Journalistin und auf Twitter. 2015 erschien im Rowohlt Verlag ihr Bestseller «Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage» (2017) und in diesem Jahr die Bücher "Herz Hirn und Hormone", sowie "Weltrettung braucht Wissenschaft".

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet? 
Wie alle Neurowissenschaftler:innen: Ich habe Oliver Sacks gelesen und dann hat mich das Thema nie losgelassen. Obwohl ich zwischendrin mal versucht habe Politik zu studieren.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Als Mensch mit Entscheidungsschwierigkeiten liebe ich vernetzte Themen mit vielen Berührungspunkten. Hirnforschung ist an sich schon die Schnittstelle von Natur- und Geisteswissenschaften - eine Naturwissenschaft, die uns einen ganz neuen Blick erlaubt darauf, wie wir leben und entscheiden, was wir brauchen oder was uns Angst macht mit jeder Menge Implikationen für Mensch und Gesellschaft(da lohnt sich dann auch das Politikstudium). Das Thema Hirn und Hormon ist in gewisser Weise die Schnittstelle der Schnittstelle. Der Ort wo Körper und Geist aufeinandertreffen und in Wechselwirkung miteinander tanzen (oder sich auf die Füße treten).


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine erste richtige Arbeit war beim Eine-Welt Netz. Passenderweise ging es dann später auch in der Forschung aMax-Planck Institut in Leipzig vor allem darum, was passiert wenn zwei Gehirne aufeinander treffen. Wie verstehen wir anderer Leute Gedanken und Gefühle, und wo ist da der Unterschied? Wir haben mit Ökonomen zusammengearbeitet und versucht ein Entscheidungsmodell zu entwickeln, das menschlicher und nützlicher ist als der Homo Oeconomicus. In Utrecht kamen dann die Hormone zur Fragestellung dazu: Wie beeinflussen Testosteron und Oxytocin unser sozialVerhalten; Wie beeinflussen unsere Erfahrungen als Kinder die Art, wie wir später auf Erwachsene reagieren? Heute besteht meine Arbeit vor allem darin, Menschen von solchen und anderen Erkenntnissen zu erzählen und aufzudecken, was wir daraus lernen. In Büchern, Vorträgen oder auf Twitter. 


Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Wir machen ständig Annahmen über den Menschen – sehr häufig zynische: Das kann man denen nicht vermitteln, jenes nicht zumuten, dafür interessiert sich sowieso keiner. Wenn sie dann doch mal was Nettes machen, sind wir oft so überrascht, dass wir am liebsten gleich das empathische Zeitalter einläuten würdenBeides lässt sich prima vorschieben, um gesellschaftlicher Veränderung auszuweichen, wahlweise weilMenschen eh in Eigenverantwortung das Richtige machenoder da nie mitziehen. Ich finde es spannender zu fragen unter welchen Bedingungen Menschen gut Zusammenarbeiten und -leben. Welche Herausforderungen liegen uns, welche fallen uns schwer? Welche Kognition steckt dahinterKann man die trainieren? Und wie baut man eine Gesellschaft, die für Menschen gemacht ist? Immerhin haben wir mindestens so viele Bedürfnisse wie Hauspflanzen – und neben Licht und Wasser kennt die Neuropsychologie noch eine Menge mehr, die wir vernachlässigen. Nach Sozialkontakt, Erholung undAnregung; Fairness, Selbstwirksamkeit und Ausschlafen.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Im Moment arbeite ich gerade mit Forschenden aus allen möglichen Fachgebieten zusammen am Projekt „Weltrettung braucht Wissenschaft“. Gemeinsam versuchen wir der Frage nachzugehen „Wie sähe die Welt aus, wenn wir auf Wissenschaft hören?“. Was raten die verschiedenen Disziplinen der Welt und welche hat eigentlich noch Hoffnung? Als Gruppe ein Buch zu schreibenvoneinander zu lernen und Science Slams und Veranstaltungen zu organisieren, hat großen Spaß gemacht – wie ein Dominospiel, bei dem immer jemand etwas anzulegen hat und am Ende hat man ein faszinierendes Gesamtbild, aus hochrelevanter Expertise und NerdwissenEs geht um jede Menge Themen, von denen sich die meisten nicht mal um ein Gehirn drehen - von Solaranlagen über AI Diskriminierung bis Gentechnik – aber so ist es ja auch mit den Krisen, die uns gerade beschäftigen. Die meisten Probleme lassen sich nicht auf eine Ursache oder ein Fachgebiet festnageln (naja, abgesehen von BWL). Wir müssen zusammenlegen, um sie zu lösen.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Schwimmen mit Musik auf den Ohren, oder Hörbücher. Wir haben die Technologie! Eine Weile unterzutauchen ist sehrentspannend und außerdem die Art, wie ich die meisten Programmierprobleme gelöst habe.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forscher sind ja auch nur Menschen)?
Vor kurzem bin ich das erste Mal im Nachtzug aufgewacht – mit Schlafanzug und Frühstück im Bett die Landschaft vorbeiziehen sehen – das fühlt sich schon ziemlich ideal an. Wenn er dann noch am Meer ankommen könnte, bin ich glücklichDann kann ich auch den Laptop ein paar Tage zulassen. Aber weil die meisten freien Tage ja keine zwei freien Wochen nach sich ziehen, tut es auch Frühstück auf dem Balkon, zusammen über irgendeinen Markt schlendern und später zum Tempelhofer Feld - auf ein Bier mit Freundinnen.


Bitte begrüßt Franca ganz herzlich zurück bei Real Scientists DE!

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