Sunday, April 20, 2025

Landwirtschaftliche Entscheidungen und Nachhaltigkeit - Bartosz Bartkowski ist jetzt bei RealScientists DE!

 Diese Woche freuen wir uns auf Bartosz Bartkowski. Bartosz (@bartoszbartk.com) ist Juniorprofessor für Land Economics am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ in Leipzig in gemeinsamer Berufung mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er ist studierter und promovierter Volkswirt mit einem Touch Slavistik aus dem Bachelor-Studium. Er leitet gemeinsam mit Andrea Kaim die Nachwuchsgruppe AgriScape, die sich mit der inter- und transdisziplinären Erforschung von Zielkonflikten befasst, die bei der Transformation der Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit aufkommen. Sein eigener Fokus liegt auf der Analyse und Modellierung von Gestaltungsoptionen der Agrarumweltpolitik und ihren Auswirkungen auf die Entscheidungen von Landwirt:innen. Geboren und aufgewachsen ist er östlich der Oder.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Etwas zufällig, wenn ich ehrlich bin. Erst gegen Ende meines Master-Studiums kam mir die Idee, dass Wissenschaft eine interessante berufliche Option sein könnte – eine Möglichkeit, gegen Bezahlung meine inhärente Wissbegierde zu stillen. Es half aber auch, dass ich keine anderen guten Ideen hatte😉 Konkret war es so, dass ich im Laufe meines Studiums aufs UFZ aufmerksam geworden bin; dort wurde kurz vor Ende meines Masters eine Promotionsstelle ausgeschrieben, die thematisch nah am Thema meiner Master-Arbeit war – und vom Betreuer meiner Master-Arbeit, Prof. Bernd Hansjürgens, betreut werden sollte. Offenbar war meine Abschlussarbeit nicht so schlecht, denn ich habe diese Stelle dann bekommen. Zum Glück, denn bisher bin ich mit diesem Karrierepfad, trotz struktureller Mängel des deutschen Wissenschaftssystems, ziemlich glücklich.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Dafür gibt es mehrere zusammenhängende Gründe. Ich finde Menschen wahnsinnig faszinierend (manchmal zum Verzweifeln). Damit war eine Sozial- oder Geisteswissenschaft gesetzt. Wirtschaftswissenschaften habe ich im Bachelor nur im Nebenfach studiert, und zwar eher widerwillig. Dann habe ich aber festgestellt, dass diese grundlegende Perspektive auf den gesellschaftlichen Umgang mit Knappheit mir sehr liegt und für vieles relevant ist – darunter für Probleme des Umweltschutzes, der mir seit der Oberstufe sehr am Herzen lag. So bin ich bei der Umweltökonomik gelandet, wobei ich bewusst sehr interdisziplinär arbeite, weil ich möchte, dass meine Forschung gesellschaftlich relevante Fragen beantwortet und Lösungen aufzeigt – das kann keine einzelne Disziplin allein leisten. Zur Landwirtschaft als Forschungsschwerpunkt kam ich als Städter tatsächlich erst nach meiner Dissertation und eher per Zufall (eine Projektstelle wurde zum „richtigen“ Zeitpunkt frei). Aber angesichts der enormen Relevanz der Landwirtschaft für Nachhaltigkeit, und angesichts ihrer total spannenden Komplexität kann ich mir inzwischen kaum vorstellen, den Forschungsschwerpunkt wieder zu wechseln.


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Wenn ich an meiner „eigenen“ Forschung arbeite, besteht dies aktuell vor allem darin, dass ich an meinem agentenbasierten Modell (FAMUS) bastle, das umweltrelevante Entscheidungen (bez. Fruchtfolgengestaltung, Düngung, Bodenbearbeitung) von landwirtschaftlichen Betrieben in der Fallstudienregion meiner Nachwuchsgruppe AgriScape abbildet. Irgendwann in näherer Zukunft möchte ich dieses Modell dann nutzen, um verschiedene Klima- und Politikszenarien zu simulieren, um zu sehen, unter welchen Bedingungen die modellierten Entscheidungen zu Verbesserungen in der Bereitstellung von Ökosystemleistungen und Biodiversität führen. Da ich aber Juniorprofessor bin, fließt ein deutlich größerer Anteil meiner Arbeitszeit anderswohin – in Lehre (inkl. Vorbereitung), Gremienarbeit (am UFZ und an zwei verschiedenen Instituten der Universität Halle), Betreuung von Promovierenden (wahrscheinlich meine Lieblingsaufgabe), Arbeit an den verschiedensten Publikationen aus den verschiedensten Projekten, Beantragung und Verwaltung jener Projekte, Begutachtung für Fachzeitschriften, Wissenschaftskommunikation… Und hin und wieder komme ich auch mal zum Lesen von Fachliteratur😉


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

50 % der terrestrischen Fläche Deutschlands sind landwirtschaftlich genutzte Äcker, Wiesen und Weiden. Wenn man davon ausgeht, dass „Agrarlandschaften“ auch kleinere Waldflächen, Gewässer und z. T. sogar Siedlungen beinhalten, ist ihr Flächenanteil noch höher. Da wir ohne Nahrungsmittel nicht weit kommen, sind die mit der Landwirtschaft einhergehenden Eingriffe in Ökosysteme unvermeidlich. Die große (Nachhaltigkeits-)Frage ist, wie man sie so gestaltet, dass sie möglichst viel Gutes und möglichst wenig Schlechtes fürs menschliche Wohlergehen verursachen. Und dafür muss man u. a. verstehen, was überhaupt „gut“ und „schlecht“ ist (d. h. was wie von Menschen wertgeschätzt wird); wie Landwirt:innen Entscheidungen treffen; und wie sich dann Politiken im Wechselspiel mit anderen externen Faktoren (globale Märkte, Klimawandel etc.) auf diese Entscheidungen auswirken können. All das versuchen wir in meiner Gruppe herauszufinden.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Der Job in seiner Diversität (s. oben), das Pendeln und die Erziehung zweier Kinder (die zugegebenermaßen schon recht groß und selbstständig sind) reichen aktuell völlig aus, um meinen Tag zu füllen.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Ich halte mich für einen recht langweiligen Menschen. Ich lese viel (wenn die intellektuellen Kapazitäten es zulassen): Science Fiction/Speculative Fiction, Geschichte und Politik (insb. Ost- und Südosteuropa), Philosophie (politische und Sozialtheorie), Graphic Novels. Dabei höre ich gern seltsame Musik (u. a. viel Avantgarde Jazz). Immer seltener, aber weiterhin gern bearbeite ich Wikipedia. Und ich lerne Sprachen (zuletzt Dänisch, Französisch und Spanisch auf Duolingo). Was nichtintellektuelle Hobbies anbetrifft, habe ich nur Wandern und Basketball zu bieten.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 

Längere Wanderung mit der Familie durch ein waldiges Mittelgebirge, anschließend was Gutes essen (indisch, ostasiatisch oder italienisch), dann Lesen, Musik hören und vielleicht mal ein (Karten- oder Brett-)Spiel spielen.


Bitte begrüßt Bartosz ganz herzlich auf dem Kanal!



Sunday, April 13, 2025

Wie und warum sich Sprache verändert - Katharina Pabst ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf Katharina Pabst. Katharina (kpabst@bsky.social) ist Assistenzprofessorin in Englischer Sprachwissenschaft an der Radboud Universiteit in Nijmegen. Sie hat in Deutschland, den USA und Kanada studiert und lebt und arbeitet seit 2022 in den Niederlanden. Sie erforscht, wie und warum sich Sprache verändert und ist ein großer Fan von forschungsbasierter Lehre und open education.

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Über ein paar Umwege! Ursprünglich habe ich in Münster Englisch und Latein auf Lehramt studiert. Während eines Auslandssemesters in den USA habe ich dann die Soziolinguistik für mich entdeckt und meinen Partner kennengelernt. Darum bin ich einfach geblieben und habe einen Master in Linguistik und Englisch als Fremdsprache absolviert. Für den PhD hat es mich dann nach Toronto (Kanada) verschlagen. Die Freude am Unterrichten hat mich aber nie verlassen, darum habe ich zwischendurch auch immer viel an Projekten über Hochschulbildung gearbeitet. Im letzten Jahr meiner Promotion habe ich dann sogar Vollzeit an einem Lehr- und Lehrzentrum in Kanada gearbeitet, was mir viel Freude bereitet hat. So ganz hat mich die Wissenschaft aber nicht losgelassen… Und dann passierte etwas vollkommen Unerwartetes: Mein Partner, der auch Wissenschaftler ist, hat einen Job in den Niederlanden bekommen, daher ging es zurück nach Europa. Beinahe zur selben Zeit kam dann die Ausschreibung für meine heutige Stelle, die genau auf mein Profil passte. Ein echter Sechser im Lotto!


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

In der elften Klasse habe ich ein Jahr als Austauschschülerin in den USA verbracht und war sofort fasziniert von der sprachlichen Vielfalt, die ich dort erlebt habe. Leider hatte ich damals noch keine Ahnung, dass Sprachwissenschaft überhaupt existiert. Die habe ich erst im Studium kennen und lieben gelernt. Was mich an der Soziolinguistik sofort begeistert hat, ist dass sie in so vielen Aspekten des täglichen Lebens eine Rolle spielt. Sprache hilft uns auszudrücken, wer wir sind und wo wir herkommen. Sprachgebrauch ruft immer auch starke Gefühle hervor, gerade, wenn es um sprachliche Neuerungen oder Varietäten geht, die nicht dem „Standard“ entsprechen (der schlichtweg existierende Machtverhältnisse reflektiert). Das führt mitunter zu Vorurteilen und Diskriminierung. Soziolinguisten arbeiten seit jeher daran, darüber aufzuklären und für positive Veränderungen zu sorgen. Das hat mich beeindruckt und motiviert mich auch weiter, über Sprachvariation und -wandel zu forschen und zu lehren.


Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Meine Forschung beschäftigt sich mit der Frage, wie und warum sich Sprache verändert. Wieso bezeichne ich Dinge, die ich toll finde als ‚cool‘, während Gen Z sie eher ‚legit‘ nennen würde? Wie und wo beginnen solche Veränderungen? Welche Rolle spielen soziale, strukturelle, und kognitive Faktoren in diesem Kontext? Und wie gebrauchen wir die vielen sprachlichen Möglichkeiten, die wir haben, um uns gegenüber anderen zu positionieren? Um diese Fragen zu beantworten, gebrauche ich Korpora, Umfragen und semi-experimentelle Methoden. Der Großteil meiner Forschung dreht sich um Sprachvariation und -wandel im angelsächsischen Raum (auch in multilingualen Kontexten), aber seit meinem Umzug in die Niederlande arbeite ich auch an der Frage, welche Rolle Englisch in Europa spielt, vor allem in den Niederlanden, wo die Sprache auch in institutionellen Kontext und im Alltagsleben eine immer wichtigere Position einnimmt (was nicht von allen als positiv empfunden wird).


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?

Sprachvariation ist überall, sei es im Bemühen um einen inklusiveren Sprachgebrauch oder der Tatsache, dass Siri, Alexa und ChatGPT manche Varietäten besser verstehen als andere. Somit geht uns das Thema alle an! Ich hoffe, dass ich zeigen kann, dass sprachliche Vielfalt nicht nur normal ist, sondern etwas, das wir schätzen und wahren sollten. Darüber hinaus freue ich mich darauf, einen Einblick auf mein Leben als deutsche Wissenschaftlerin im Ausland zu geben und aufzuzeigen, dass der Weg in die Wissenschaft nicht immer super geradlinig sein muss.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?

Seit 2018 bin ich ein aktives Mitglied von COGEL, dem Committee for Gender Equity in Linguistics. Das ist ein Ausschuss der Linguistic Society of America, der sich darum bemüht, die Sprachwissenschaft als Forschungsfeld inklusiver zu machen. In den letzten Jahren habe ich an einigen Initiativen mitgearbeitet, wie zum Beispiel Wikipedia edit-a-thons, bei denen gezielt Beiträge über unterrepräsentierte Wissenschaftler*innen geschrieben, ergänzt oder übersetzt werden. Ich habe auch an Nominierungen für Forschungspreise mitgewirkt. Der Kern meines Engagements ist aber das sogenannte pop-up mentoring, bei dem wir einmalige Mentoring-Treffen auf Konferenzen organisieren. Bei diesen Events bringen wir Wissenschaftler*innen in allen Karrierephasen mit Mentor*innen zusammen, die ihnen schnell und persönlich Rat zu Fragen über das Leben innerhalb und außerhalb der Wissenschaft geben.


Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

Meine Freizeit verbringe ich am liebsten draußen mit meinem Hund. Wenn ich Zeit habe, backe ich unwahrscheinlich gerne, auch wenn es nicht immer gelingt. Außerdem lese ich viel und bin ein großer Serien-Fan. Seit etwa einem Jahr singe ich in einem Pop-Chor, was mir wahnsinnig Spaß macht und hilft, in meiner neuen Heimat Land und Leute kennenzulernen.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 

Mein idealer Tag beginnt definitiv mit Ausschlafen! Dann folgt ein gemütliches Frühstück und ein langer Spaziergang mit meinem Hund. Danach ein bisschen lesen und Zeit mit Familie und Freunden verbringen.


Bitte begrüßt Katharina ganz herzlich auf dem Kanal!



Sunday, April 6, 2025

Katalysatoren für die Energiewende! Rebecca Pittkowski ist jetzt bei Real Scientists DE!

Rebecca Pittkoswski lehrt in der Vorlesung

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Rebecca Pittkowski (@rpittkowski.bsky.social)! Rebecca ist Assistenzprofessorin (Tenure Track) an der Fakultät für Chemie der Universität Kopenhagen. Sie studierte Chemie an der TU Dresden. Während ihrer Promotion arbeitete sie mit Prof. Petr Krtil am J. Heyrovsky-Institut für Physikalische Chemie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag als Doktorandin im Rahmen des EU Marie-Curie-Ausbildungsnetzwerks „Elcorel“. Nach der Promotion in Prag im Jahr 2020 arbeitete sie als Postdoc an der Universität Bern, in der Schweiz, und an der Universität Kopenhagen. Im Jahr 2023 gründete sie ihre eigene Gruppe in Kopenhagen. Ihre Forschung befasst sich mit der Elektrokatalyse von Nanopartikeln und konzentriert sich auf Operando-Studien von Elektrokatalysatoren mit Synchrotron-Röntgentechniken.

 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?

Meine Doktorarbeit im Rahmen eines großen EU-Projektes in Prag hat mir sehr viel Spaß gemacht und Lust darauf weiter zu forschen. Der Postdoc war für mich der nächste logische Schritt und da ich auch da viele positive Erfahrungen gemacht habe, in tollen Kollaborationen, wollte ich gerne den Schritt wagen, länger in der Wissenschaft zu bleiben. Nach vielen Bewerbungen auf tenure track Stellen hat es dann vor 1,5 Jahren hier in Kopenhagen geklappt und jetzt arbeite ich auf die Entfristung in einer Associate Professor Stelle hin.


Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?

Es ist toll an der Entwicklung von neuen Materialien für die Energiewende zu forschen, das ist für mich eine große persönliche Motivation. Ich bin fasziniert davon die Eigenschaften von Materialien auf Basis ihrer atomaren Struktur zu verstehen. Wie verändert sich die Struktur eines Katalysators während dieser aktiv ist? Und wie hängen die Performance und Langlebigkeit mit dem Material zusammen.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!

Ich arbeite daran neue Katalysatoren für elektrochemische Reaktionen zu erforschen. Das bedeutet Synthese, Materialcharakterisierung und schlussendlich testen der neuen Materialien. Als assistant professor stehe ich selbst nicht mehr viel im Labor, sondern ich plane Anträge, plane Projekte und betreue Doktoranden, ich schreibe Artikel und halte Vorlesungen. Ich bin oft für Experimente and Großforschungsanlagen, wie etwa DESY in Hamburg, wo wir mit hochenergetischen Röntgenstrahlen die Struktur der Katalysatoren in Aktion analysieren können.


Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Chemie ist zwar oft abstrakt, aber ich finde es wichtig zu zeigen welche essentielle Rolle diese oft etwas negativ wahrgenommene Disziplin in der Energiewende spielt und wie wir als Chemiker and Zukunftslösungen arbeiten.


Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
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Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?

In Dänemark und besonders in Kopenhagen ist das Fahrrad Hauptverkehrsmittel. Ich pendle mit dem Rad zur Uni, und fahre damit überall in der Stadt hin - und manchmal am Wochenende aus der Stadt raus.


Wie sieht dein idealer freier Tag aus (Forschende sind ja auch nur Menschen)?

Sonne, Kaffee im Bett und ein großes Frühstück. Danach eine Tour zu einem der vielen tollen Kunstmuseen außerhalb Kopenhagens, die man mit einem Strandspaziergang verbindet. Abends gutes Essen mit Freunden.


Bitte begrüßt Rebecca ganz herzlich bei Real Scientists DE!

 

Sunday, March 30, 2025

Der Weg des Stickstoffs - Tina Sanders ist jetzt bei Real Scientists DE!


Diese Woche freuen wir uns auf Tina Sanders. Tina (nitrogentina@bsky.social) hat Biologie und politische Wissenschaften in Oldenburg (Oldb) und Hamburg studiert und am Institut für Bodenkunde der Uni Hamburg im Excellenzcluster CLISAP über Ammoniakoxidierende Mikroorganismen aus Permafrostböden promoviert. Ihre wissenschaftlichen Arbeiten sind eng verbunden, sie fokussiert sich auf den Stickstoffkreislauf mit all seinen Facetten. Seit 2011 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin, erst als #ichbinHanna mit viele befristeten Verträgen und seit 2019 entfristet am Helmholtz-Zentrum Hereon (früher Helmholtz Zentrum Geesthacht für Material und Küstenforschung) und untersucht hauptsächlich die Veränderungen des Transportes von Stickstoff vom Land über den Fluss ins Meer. Die Elbe ist dabei ihr Freiland Labor. Seit 2018 ist sie auch Mitglied des Betriebsrates am Hereon vor allem um den vielen #ichbinHannas auch eine Stimme in der betrieblichen Interessenvertretung zu geben. Dabei ist ihr ihre Gewerkschaftsmitgliedschaft bei verdi sehr wichtig, denn nur mit einer starken Organisation können wir unsere Interessen durchsetzen.


Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich habe in Oldenburg angefangen Biologie zu studieren und wollte auf keinen Fall „so einen Ökologiescheiß“ machen, sondern mein Plan war mich in die Gentechnik-Überwachung einzubringen. Es kam dann irgendwie anders. Nachdem Wechsel nach Hamburg, wo ich auch politische Wissenschaft im Nebenfach studiert habe, bin ich eher durch Zufall studentische Hilfskraft in einer Arbeitsgruppe in der Mikrobiologie geworden, die sich mit Nitrifikation beschäftigt und auch Proben aus Sibirien untersucht hat. Am Anfang brauchte ich einfach einen Job und dann kam die Leidenschaft dazu. Dann ergab sich nach meinem Diplom die Möglichkeit am Thema weiterzuarbeiten und in der Bodenkunde zu promovieren. Das Angebot kam per SMS. Sie suchten jemanden, die schon Erfahrung mit dem Stickstoffkreislauf hatte und bereit war mehrere Wochen auf Expedition nach Sibirien zu gehen. War ich und dann wurde es doch dieser Ökologiescheiß! Die Arbeit in der Arktis war eins meiner besten Erfahrungen

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
Alle reden von Kohlenstoff und CO2, ich aber immer über Stickstoff und Lachgas (N2O). Der Stickstoff hat es mir angetan und lässt mich nicht wieder los.

Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Meine Arbeit ist eine Mischung aus Feldarbeit, also Probenahmen in unterschiedlichen Ökosystemen, wie z.B.  der Elbe, aber auch eher entlegene Orte wie der Indische Ozean und die Arktis.  Dazu kommt Laborarbeit, wir untersuchen neben der Konzentration verschiedener Stickstoffverbindungen auch ihre chemischen Zusammensetzung in Bezug auf ihre stabilen Isotopen Signaturen, die geben Hinweise wo der Stickstoff herkommt und durch welche Prozesse er verändert wurde. Was das genau heißt, erfahrt Ihr später. Dazukommt kommt natürlich noch die Schreib- und Büroarbeit.

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Stickstoff ist ein lebensnotweniger Nährstoff für alle Lebewesen, also auch für den Menschen. Dadurch, dass wir als Menschheit mit der immensen Düngung, den Stickstoffkreislauf ordentlich durcheinandergebracht haben, aber auch viele Millionen Menschen ernähren können, ist es wichtig zu verstehen, wie wir diesen Kreislauf auf eine  gute ökologische Weise am Laufen halten und nicht die ganze Welt überdüngen. Die Überdüngung führt auch zu hohen Emissionen an Lachgas, einem sehr Klimawirksamen Treibhausgas, auch das müssen wir reduzieren.

Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Meine Arbeit im Betriebsrat ist mir sehr wichtig, denn nur wenn die Arbeitsbedingungen stimmen, können wir auch Spitzenforschung betreiben, dafür ist eine wirksame Interessenvertretung notwendig und die Einhaltung vom Arbeitsrecht. Außerdem bin ich seit letzten Jahr auch als Gast in der Bundestarifkommission öffentlicher Dienst von Verdi für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen entsand. Gute Wissenschaft bracht eben auch gute Arbeitsbedingungen.

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Zum Ausgleich und um den Kopf freizubekommen, fliege ich Gleitschirm, am liebsten in den Alpen. Sobald meine Füße vom Boden abheben, denke ich nicht mehr über die Arbeit und Wissenschaft nach, sondern genieße das Leben und die Natur.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 
Wenn im Wetterbericht gemeldet wird, es kommt zu einen „Einsickern eines Kaltlufttroges aus Nordwest in die Norddeutsche Tiefebene“. Dann weiß ich, dass es ein wunderbarer Flugtag am Rammelsberg in Goslar im Harz geben wird. Dann muss ich auch mal spontan frei nehmen.

Bitte begrüßt Tina ganz herzlich auf dem Kanal!


Monday, March 24, 2025

Sprache und Macht - Derya Gür-Seker ist jetzt bei Real Scientists DE!

Diese Woche freuen wir uns auf unsere Kuratorin Derya Gür-Şeker (@deryaguerseker.bsky.social)! Derya hat einen Dr. und eine Habilitation in Germanistischer Linguistik/Medienlinguistik, und ist seit Oktober 2023 Professorin an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg im Fachbereich Sozialpolitik und soziale Sicherung. Das klingt erstmal ungewöhnlich, denn was hat Linguistik mit Sozialpolitik zu tun? Und was macht eine Germanistin auf einer Professur für Kommunikation und Gesellschaft mit dem Schwerpunkt Social Media? Dass das alles sehr gut zusammenpasst und wie interdisziplinäre Forschung und Transfer Deryas Forschungsschwerpunkte bereichern und für Synergien sorgen, die in Zeiten digitaler Diskurse wichtiger denn je sind, das erfahrt ihr in dieser Woche. 

Wie bist du in der Wissenschaft gelandet?
Ich habe nach meinem Studium der Germanistik, Politik- und Medienwissenschaft (2006) zunächst als externe Doktorandin begonnen, parallel bei Siemens im Bereich interne Kommunikation in Duisburg gearbeitet und dann den Weg in die Wissenschaft geschafft.

Warum hast du dich für dein aktuelles Feld entschieden, und/oder was hält dich dort?
In der germanistischen Linguistik hat mich immer die Frage umgetrieben, wie Sprache und Medien Gesellschaften prägen und beeinflussen, wer auf welche Weise — und ob mehr oder weniger — sichtbar ist. Bei mir dreht sich vieles also um Sprache und Macht. Nach Weiterbildungen zur Social Media Managerin und Online Marketing Managerin habe ich erkannt, dass neue Kommunikationsplattformen unser Verständnis von Öffentlichkeit und Kommunikation grundlegend verändern. Das war auch der Startschuss für mich, eine kleine Social Media Agentur zu gründen und auch außerhalb der Wissenschaft Erfahrungen zu sammeln. Mit der Professur an einer HAW hat sich dann alles thematisch und fachlich gefügt, weshalb ich immer sagen würde, dass das eigene Interesse an Themen und auch die Neugierde auf neue Wege in der Wissenschaft wichtig sind.



Erzähle uns etwas über deine Arbeit!
Seit Oktober 2023 bin ich Professorin für Kommunikation, Gesellschaft mit dem Schwerpunkt Social Media an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg im Fachbereich Sozialpolitik und soziale Sicherung. Meine Professur konzentriert sich in Forschung und Lehre auf die Bereiche digitale Kommunikation, Social Media und transferorientierte Ansätze, die digitale Zugänge auf Kommunikation und Gesellschaft verknüpfen. Dabei verbinde ich neben Diskurs- und Medienanalyse insbesondere Online und Social Media Marketing, um Studierenden praxisnahe Kompetenzen u.a. in den Bereichen Social-Media-Kommunikation oder digitales Storytelling zu vermitteln. So lernen Studierende, wie sie (sozial)politische Themen und Reformmaßnahmen öffentlich und zielgruppenspezifisch kanalisieren können. 

Motivation: Warum sollte sich die Öffentlichkeit für deine Forschung/Arbeit interessieren?
Ich möchte nicht nur die Chance nutzen, meine Forschungsthemen zu Diskursen, kulturwissenschaftliche KI-Forschung, Flucht, Rechtspopulismus und auch neuere Social-Media-Analysen zu präsentieren, sondern zeigen, dass interdisziplinäre Zugänge und Transfer wichtig sind. Wissenschaftskommunikation spielt dabei für mich eine zentrale Rolle. Ich sehe hier noch großes Potenzial — insbesondere, wenn es um die Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen als Expertinnen geht. Auch zum Thema Frauen und Mütter in der Wissenschaft wird es sicher das ein oder andere spannende Posting geben.



Hast du irgendwelche interessanten externen/zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten?
Seit Mai 2024 bin ich Vertrauensdozentin der Hans Böckler Stiftung. Als Arbeiterkind ist es mir eine besondere Ehre und auch persönliche Pflicht, Wege für junge Menschen und zukünftige Wissenschaftler:innen aufzuzeigen, weil ich weiß, wie schwierig es ist, eine Wissenschaftskarriere überhaupt in Erwägung zu ziehen. Gleichzeitig bin ich auch Speakerin, moderiere Veranstaltungen und führe Workshops rund um die Themen Social Media oder Medienerziehung durch. 

Irgendwelche interessanten Hobbies, von denen du uns erzählen möchtest?
Wenn ich Zeit dafür finde, zeichne ich gerne (leider viel zu selten). Meist sind es abstrakte Bilder oder aber auch Comic-Figuren. Vor meiner Wissenschaftskarriere wollte ich immer Künstlerin werden – vielleicht zeige ich euch auch ein zwei Bilder, die ich gemalt habe.

Wie sieht dein idealer freier Tag aus? 
Meinen idealen freien Tag verbringe ich mit meiner Familie und meinen Kindern, mit denen ich aktuell oft Fußball spiele, weil alle drei im Fußballverein aktiv sind.

Bitte begrüßt Derya ganz herzlich auf dem Kanal!